Erfolgreiche Netzwerke zu knüpfen will gelernt sein, aber es zahlt sich aus
Wer sich für die akademische Laufbahn entscheidet und eine Hochschulprofessur anstrebt, sollte vorausschauend und strategisch vorgehen. Dazu gehört von Beginn an, sich bewusst mit den wichtigsten Spielregeln des Wissenschaftsbetriebs vertraut zu machen und vor allen Dingen kontinuierlich und aktiv mit anderen Fachkolleginnen und -kollegen zu kooperieren.
Vordergründig geht es in der Wissenschaft darum, Forschungsqualität und -produktivität durch Publikationen und die Einwerbung von Drittmitteln zu belegen. Das allein reicht jedoch bei Weitem nicht aus, um das gesteckte hohe Ziel zu erreichen. Für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist es essenziell – besonders angesichts der zunehmend steigenden Zahl internationaler und interdisziplinärer Forschungscluster – in ein stabiles soziales Netzwerk integriert zu sein. Der Kontakt mit Menschen aus einem anderen akademischen Kontext, kann höchst inspirierend für die Entwicklung neuer Forschungsideen sein oder den Ball beim Finden innovativer Lösungen ins Rollen bringen. Aktives Netzwerken zahlt sich aus! Studien belegen, dass 70 – 80% aller verfügbaren Positionen über Netzwerkbeziehungen besetzt werden.
Das individuelle Profil gibt Orientierung
Bei der Bewerbung auf eine Professur haben jene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die besten Karten, die bereits seit ihrer Promotion kontinuierlich den Fokus darauf gelegt haben, für die Sichtbarkeit der eigenen Person im Rahmen von Kooperationsprojekten und Netzwerkaktivitäten zu sorgen. Durch das aktive Zugehen auf Andere, den wechselseitigen Austausch von Informationen und die gewinnbringende Arbeit an gemeinsamen Forschungsvorhaben entsteht im Laufe der Zeit ein stabiles Netz sozialer Beziehungen. Die Menschen dort kennen untereinander ihre fachliche Expertise, persönlichen Qualitäten und sozialen Kompetenzen und schätzen sie wert. Soziale Netzwerke basieren auf gemeinsamen Erfahrungen und dem daraus gewachsenen Vertrauen. Gleichzeitig schärft sich im Rahmen von Kooperationen das eigene akademische Profil. Letztlich ist dieses soziale Kapital der entscheidende Vorteil für den Erfolg im Wettbewerb um den begehrten Lehrstuhl.
Entwicklung persönlicher Handlungsstrategien beim Netzwerken
Für welche Herangehensweisen man sich beim Networking entscheidet, hängt von der eigenen Persönlichkeit ab. Netzwerken sollte immer authentisch sein und zur Person passen. Das Interesse des Gegenübers sinkt schlagartig, wenn Verhaltensweisen aufgesetzt und künstlich wirken.
1. Schritt: Selbstreflexion und Analyse der Ist-Situation
Es ist von zentraler Bedeutung, die eigenen Fähigkeiten und Präferenzen zu kennen (Selbstbild) und einzubeziehen, aber auch eine möglichst präzise Vorstellung davon zu haben, wie man selbst auf andere wirkt und welchen Einfluss man auf sein Gegenüber ausübt (Fremdbild). Ziel ist es, ein attraktives Profil zu entwickeln, das andere neugierig macht und zum konstruktiven Dialog einlädt. Es ist zudem unerlässlich, alle bereits bestehenden Kontakte aus dem beruflichen wie dem privaten Bereich einmal zu dokumentieren und zu überlegen, welche konkreten Ressourcen für den beruflichen Bereich in den einzelnen Beziehungen stecken.
2. Schritt: Einbeziehen von Genderaspekten
Basierend auf Prägung und Erziehung wird das Thema Networking von Frauen und Männern häufig unterschiedlich gesehen und umgesetzt. Geschlechtstypische Glaubenssätze und Vorurteile zu kennen, hilft dabei, den eigenen Handlungsspielraum zu überdenken und neue Wege einzuschlagen.
3. Schritt: Die Komfortzone verlassen und aktiv werden
Es gibt vielerlei Gründe, die vorgeschoben werden, wenn es darum geht, die Initiative zu ergreifen, um auf fremde Personen zuzugehen und das Gespräch mit ihnen zu suchen: Unsicherheit im Umgang mit Unbekannten, Angst vor Ablehnung, Zeitmangel, andere Prioritätensetzung, Indifferenz bezüglich Nutzen und Ziel. Es gilt, den persönlichen „inneren Schweinehund“ zu identifizieren und ganz bewusst die eigenen Grenzen Stück für Stück zu erweitern. Netzwerken lebt von der Initiative des Einzelnen!
4. Schritt: Gelegenheiten nutzen
Wer könnte eine wichtige oder interessante Kontaktperson sein? Networking braucht die persönliche Begegnung. Tagungen und Kongresse sind prädestinierte Gelegenheiten. Am Anfang hilft es, bereits vorher ausgewählte Personen gezielt anzusprechen und mit dem eigenen Profil einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen. Aber auch Vorträge bieten Möglichkeiten, mit Rednerinnen und Rednern in Kontakt zu treten. Interessierte Fragen im Anschluss können als Einstieg zum Kennenlernen genutzt werden.
5. Schritt: Netzwerkkontakte pflegen
Gute Beziehungen erfordern die aufrichtige Bereitschaft, an ihnen zu arbeiten. Ein regelmäßiger und ausgewogener Austausch per E-Mail, Telefon oder im persönlichen Gespräch erhält alte wie neue Kontakte. Die gute Nachricht: Echtes Netzwerken macht Spaß! Und ganz nebenbei zahlt es sich beim persönlichen Karriereerfolg aus.
Fazit
- Echtes Netzwerken macht Spaß und zahlt sich beim persönlichen Karriereerfolg aus!
- Der entscheidende Schritt: Komfortzone verlassen und aktiv werden!
- Gelegenheiten nutzen, den Netzwerken bedarf der persönlichen Begegnung!
Dr. rer. nat. Silke Oehrlein-Karpi arbeitete 10 Jahre als Wissenschaftlerin im Bereich der Medizinischen Grundlagenforschung. Seit 2008 begleitet und unterstützt sie als Coach und Trainerin Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf ihrem Karriereweg. (www.kte-coaching.de)