Nicht nur totgeglaubt, sondern wirklich verstorben – dennoch erschien kürzlich ein unbekanntes Werk von niemand geringerem als James Joyce. Finn’s Hotel, Ladies & Gentlemen!
James Joyce ist nicht nur ein Schriftsteller. Seine Texte sind Klassiker, die bei jedem erneuten Lesen wie eine Zwiebel vollkommen neue Bedeutungen preisgeben. Damit gehören seine Werke zu denen, die wenigstens zum Teil in jedem anständigen Bücherregal zu finden sein sollten. Leider ist er bereits 1941 verstorben, sodass es keine neuen Veröffentlichungen mehr geben wird.
Richtig?
Nein! Zwischen anderen, bereits bekannten Manuskriptseiten wurde eine Erzählung entdeckt, die so nicht zu dem Manuskript gehörten. Es stellte sich heraus, dass diese Erzählung der Vorläufer eines anderen Werks war und nicht dazu gehören.
Und so kommt es, dass so viele Jahre nach dem Tode von James Joyce ein neues Buch von ihm erscheint – für die, die keine Zeit für gedruckte Bücher haben, sogar als Hörbuch im Hörverlag.
In Finn’s Hotel geht es um die Geschichte Irlands. Nicht zwangsläufig chronologisch, aber dennoch recht gut zu identifizieren. (Wenn man ein Geschichtswerk zur Hand hat, hilft das ungemein.) Aber auch das macht Joyce so reizvoll: Man bekommt nicht nur eine Geschichte erzählt, man lernt noch etwas. Nicht im klassischen Sinne wie etwa Jahresdaten, sondern über die Wahrnehmung des Schriftstellers über die Historie seines Landes, seiner grünen Hölle, äh, Insel.
Der Anspruch ist auf typisch hohem Niveau. Für den Zuhörer heißt das: Die CD ist eine von denen, die man sich nicht nur mehrfach anhören kann, ohne jede Zeile mitsprechen zu können. Man sollte sie sich unbedingt öfters anhören, weil sich jedes Mal wieder neue Nuancen und Bedeutungen erschließen. Der Erfingunsreichtum von Joyce wirft sämtliche Vorstellungen von der Geschichte Irlands über den haufen und ersetzt sie durch seine absolut künstlerischen Darstellungen.
Bettina Riedel (academicworld.net)
Finn’s Hotel. James Joyce.
Der Hörverlag. 17,99 Euro,