England, 1975. Die Leiche einer Prostituierten wird gefunden. Wie üblich sorgt dies für keinerlei Aufschrei, denn Frauen, erst Recht Sex Worker:innen, sind in der öffentlichen Meinung kein Pfifferling wert. Doch dann taucht eine zweite Leiche auf, eine dritte … und die Polizei tappt im Dunklen. War die erste nicht-Prostituierte als Opfer ein Fehler des Mörders oder nicht? Das Jagdfieber der Öffentlichkeit erwacht und die Polizei gerät immer mehr unter Druck. Doch die Hinweise sind rar, die Ermittler werden reihenweise ausgetauscht und doch taucht eine Leiche nach der anderen auch. Selbst der Täter meldet sich bei der Polizei und mokiert sich über ihre miese Erfolgsquote. Derweil sterben nicht alle Opfer, aber ihre Stimmen werden kaum gehört. Ein Teufelskreislauf aus Blut taucht ein Land in Schrecken…
Das Bildschirm-Erlebnis
Sehr spannend ist, wie sehr die Fehler der Polizei in den Vordergrund rücken. Annahmen, die einfach getroffen werden, weil Männer sich gegenseitig beeindrucken möchten. Annahmen, die sich als falsch erweisen, aber nicht verworfen werden – denn der männliche Stolz neigt zum Selbstschutz. Arbeit, die im Hintergrund erledigt wird – von wem? Wie wird analoge Polizeiarbeit betrieben? Wie lange kann es dauern, Spuren wirklich zu verfolgen? Wie geht man bei solchen Fällen vor?
In den Vordergrund rücken die Frauen, die oft eine ganze Episode lang zentriert werden, bevor sie sich als Opfer aus der Serie verabschieden. Man bekommt wirklich das Gefühl, dass man einen echten Einblick in der Ermittlung von damals erhält – denn die Serie basiert auf wahren Gegebenheiten und man kann seine eigenen Recherchen dazu anstellen.
Die Spannung ergibt sich auch daraus, welche Möglichkeiten es gibt, sich in einer nicht technologisierten Welt zu verstecken. Keine Handys, deren Signale gepingt werden, keine Überwachungskameras, die Bewegungen von Fahrzeugen mit KI auswerten könnten und erst recht kein Geo-Tagging bei Bildern. Nur Leichen, die an verschiedenen Orten auftauchen, Familien, die zerstört werden und Kinder, die alleine aufwachsen müssen.
Schade ist, dass man hinterher sehr wenig über den Täter erfährt. Was sind seine Motive, gibt es jemanden, der die Psyche dahinter etwas aufdröselt? Warum der Modus Operandi – schlicht: Was steckt hinter dem Täter/der Täterin? Das lässt sich mit etwas Google gut nachholen und so erlebt man eine recht schwermütige, von dunklen Farben geprägte Serie, die sehr ehrlich und direkt ist, aber keinen Anspruch auf Splatter & Co erhebt. Zum Glück, denn summa summarum wird man ruhig, spannungsgeladen und leicht sozialkritisch unterhalten.
THE LONG SHADOW
7 Episoden
Seit dem 28.3. als DVD & BD im Vertrieb der polyband erhältlich.