Vor fünf Jahren kam Scotty, Kennas große Liebe, bei einem tragischen Autounfall, welcher sie ins Gefängnis gebracht hat, ums Leben. Nun ist sie endlich wieder auf freiem Fuß und kann an den Ort des Geschehens zurückkehren. Dort möchte Kenna sich ihren größten Wunsch erfüllen: endlich ihre vierjährige Tochter Diem kennenlernen. Diem wurde gleich nach der Geburt an die Eltern von Scotty gegeben, welche schon während Kennas Schwangerschaft im Gefängnis um das Sorgerecht gekämpft haben, und wo ihre Tochter jetzt gut behütet aufwächst.
Gleich an ihrem ersten Abend verläuft sich Kenna in eine Bar und lernt den Barbesitzer Ledger kennen, der erste Mann, welcher ihr nach Scottys Tod ein gutes Gefühl gibt. Auch er hat ein Auge auf die junge Frau geworfen. Doch schnell stellt sich heraus, dass die beiden nicht nur eine bestimmte Anziehung verbindet, sondern auch eine gemeinsame Vergangenheit: Ledger ist der Kindheitsfreund von Scotty, welchen Kenna in ihrer Beziehung nie kennengelernt hat. Allerdings hat sich der attraktive Barkeeper geschworen, dass die ihm unbekannte Mutter, welcher in seinen – und auch in den Augen von Scottys Eltern – die Schuldige am Tod seines Kindheitsfreundes ist, niemals eine Rolle in Diems Leben spielen wird…
Hindernisse müssen überwunden werden
Der Roman wird abwechselnd aus der Sicht von Kenna und von Ledger erzählt. Während man bei Kennas Perspektive einen Einblick in ihre tiefe Trauer und den Schmerz bekommt, kann man als Leser:in bei den Kapiteln über Ledger sehen, wie sehr er mit seinen Gefühlen zwischen Kenna und Diem zu kämpfen hat. Für das kleine Mädchen ist er wie ein Onkel geworden. Aus diesem Grund hat er den Schwur abgelegt, die Kleine vor Allem und jeden – vor allem vor Diems leiblicher Mutter – zu schützen. Doch schnell muss er sich eingestehen, dass der Kopf nicht immer der richtige Wegweiser sein muss, sondern auch das Herz und das Bauchgefühl Entscheidungen treffen können. Auch die Eltern von Scotty müssen sich durch Kennas Anwesenheit mit dem Thema auseinandersetzen. Eine Tochter ist schließlich unmittelbar mit der Mutter verbunden, aber die Wunden sind tief. Manchmal braucht es eben einen Schubs, um die festgefahrenen Gedanken auf die Seite zu schieben und die neuen Umstände neu zu analysieren. Es ist wirklich schön, wie tief man in die Gefühle von jedem blicken kann und wie sich die Personen durch die Situation entwickeln. Nicht immer muss der erste Gedanke – für immer – der Richtige sein. Manchmal muss man eben über eine kleine Hürde springen, um selber Frieden zu finden, um wieder glücklich zu werden.
Briefe an Scotty
Nicht nur das Umfeld von Kenna steht vor der Entscheidung, ob sie den tragischen Unfall und die darauffolgenden Handlungen der jungen Frau verzeihen, oder weiterhin in tiefem Hass leben. Auch Kenna hat mit Schuldgefühlen zu kämpfen und kann sich ihren größten Fehler nicht verzeihen. Aus diesem Grund schreibt sie seit dem Tod ihrer großen Liebe regelmäßig Briefe an ihn, in welchen sie ihm beispielsweise erklärt, wieso sie so gehandelt hat oder erzählt von ihren Erlebnissen, wie in einem Tagebuch. Für sie ist es eine Art Therapie, um mit dem Verlust von gleich zwei Menschen klarzukommen: den von Scotty und den ihrer geliebten Tochter Diem. Allein dieser Fakt zeigt auf, wie sehr Kenna psychisch leidet. Vor allem zum Ende hinnehmen die Briefe eine große Rolle der Storyline ein und offenbaren die wahre Geschichte hinter dem Unfall und ihrer innigen Liebe zu Scotty und ihrer Tochter.
Fazit
Während Ledger und Scottys Eltern in der Bredouille stecken und sich überlegen müssen, ob sie Kenna eine Chance geben und sie ihr Kind kennenlernen lassen, oder ob sie – vor allem Ledger – das Weite suchen –, bringt Colleen Hoover auch einen als Leser:in zum Nachdenken. Man kann selber in sich hineinhorchen und überlegen, ob man in so einem Fall verzeihen könnte. Man fiebert zum einen mit Kenna mit, dass sie endlich ihr kleines Mädchen in den Arm nehmen kann, zum anderen, kann man die Gefühlswelt von Ledger nachempfinden. Das (Liebes-)Drama, die Liebe von Kenna für Scotty und Diem und die Briefe waren so geschickt platziert, dass der Roman einem einfach ans Herz gehen muss. Wer sich also entschließt, die Geschichte von Kenna und Ledger zu lesen, sollte lieber ein Päckchen Taschentücher bereithalten!
Lisa Albrecht (academicworld.net)
Colleen Hoover. Für immer ein Teil von dir.
dtv. 15,95 Euro.