Es ist eine Welt voller Gegensätze: Arm gegen Reich, Links gegen Rechts, hässlicher Alltag, glamouröser Feierabend – im Berlin am Ende 20er Jahre kann man sich die Welt schon schön machen, wenn man möchte und es finanziell kann. Der Polizist Gereon Rath ermittelt bei der Sitte gegen die Pornoindustrie, doch er kommt urspünglich aus Köln und jedem ist klar, dass er wegen besonderer Umstände zeitweise nach Berlin versetzt wurde. Im Präsidium trifft er auf die junge Charlotte Ritter, die sich von Tagesaufträgen als Sekretärin von Tag zu Tag hangelt und ihre Familie tatkräftig unterstützt – zur Not als Gelegenheitsprostituierte in Berlins Nachtleben. Gereons Fall entpuppt sich als eine Schlangengrube mit vielen giftigen Nattern, der der vom Krieg gezeichnete Polizist erst einmal beikommen muss – und überleben wäre auch nicht ganz verkehrt …
Die Kritik
Es ist ein richtig dreckiges Bild, das die Serie von Berlin im Jahr 1929 zeichnet – hier wird unverblümt gezeigt, wie das Alltagsleben gewesen sein muss. Es wird nicht für sanfte Gemüter der Gegenwart aufgehübscht, sodass man sich selbst in dieses Jahr und dem Leben in Berlin träumen möchte. Ganz im Gegenteil, man ist doch ganz froh, in dieser Gegenwart zu verweilen und nur auf dem Bildschirm einen Ausflug in die Vergangenheit zu machen.
So brachial, wie das Leben in der Serie beschrieben wird, so hart wird man als Zuschauer davon abgestoßen und doch wieder angezogen, denn irgendwie scheinen es die echten Personen damals dort ausgehalten zu haben. Trotzdem fehlt ein wenig die Emotionalität, das Mitfühlen und -leiden mit den fiktiven Charakteren. Wer sich durch so eine Situation durchschlägt, hat einiges auf dem Kerbholz und schaltet emotional ab – genauso handeln die Charaktere auch. Das erweckt allerdings mithin den Eindruck, von außen zuzusehen, denn sich hineinversetzen fällt in diesem Setting doch etwas schwer. Insgesamt jedoch stimmig mit dem geschichtlichen Hintergründen, kan man daher auch der Akkuratesse zuschreiben.
Was man jedoch deutlich merkt – wie viel Geld in die Produktion hineingesteckt wurde. Das spiegelt sich in jedem Detail wieder: Hintergründe, Detailarbeit – auch die, die man nicht zu sehen, wohl aber zu hören bekommt. Für eine deutsche Produktion ist das eine Seltenheit und die Serie wird damit tatsächlich auch zu einem kleinen Juwel hierzulande. Dass es sich bei der Serie um eine Roman-Verfilmung von Volker Kutscher handelt, merkt man der Produktion im positiven Sinne auch nicht an. Man muss das gedruckte Werk mit bis dato 5 Bänden nicht gelesen haben, um „Clous“ zu entdecken oder die feineren Zusammenhänge zu verstehen. Das ist für manche eine Kleinigkeit – an der sich so manches Gemüt aber gerne mal aufhängt.
Das Fazit: Eine gleichsam unterhaltsame wie extrem direkte Serie, die fasziniert, anzieht, abstößt und damit eine ganz neue Art von Suchtpotenzial erweckt. Man kann einfach nicht wegschauen /umschalten …
Bettina Riedel (academicworld.net)
Babylon Berlin
Staffel 1
8 Episoden
Ab dem 5. Oktober ist die erste Staffel auf DVD und BluRay im Vertrieb von Universum Film im Handel erhältlich.