Indianer und Siedler sind erklärte Feinde. Auf der einen Seite steht Captain Joseph Blocker, der nicht nur viele Gründe hat, die Ureinwohner Amerikas zu hassen, sondern sich auch noch einen Namen dafür gemacht hat, möglichst viele davon in Gefängnisse zu bringen. Auf der anderen Seite steht zum Beispiel Häuptling Yellow Hawk, ein Cheyenne, der nach Jahren im Krankenhaus nun kurz davor steht, an Krebs zu versterben.
Das damalige Amerika liegt in den letzten Zügen dieses blutigen Krieges und am Horizont zeigen sich die ersten Zeichen des sich anbahnenden Friedens. Eines dieser Zeichen: Der Captain soll Yellow Hawk zu einem heiligen Gebiet seines Stammes begleiten, wo er seine letzte Ruhe finden soll. Er will den Befehl verweigern, doch wird dazu gezwungen, den Auftrag auszuführen. Unterwegs treffen sie nicht nur auf eine Witwe, die ihre drei gerade von Komantschen ermordeten Kinder bewacht, sondern auch auf marodierende Pelzhändler, besagte blutrünstige Komantschen, die keinen Unterschied zwischen Bevölkerungsgruppen machen – alles was lebt, darf getötet werden. Der Weg zum „heiligen Land“ ist hart und fordert mehr als nur ein Opfer …
Die Kritik
Manchmal erhält man den Eindruck, dass jede Geschichte das Prädikat eines „Epos“ erhalten muss, damit sie ja genug über den Klee gelobt wird. Meiner Meinung nach ist „HOSTILES“ aber kein Epos – und das ist keine Anti-Werbung, kein Anti-Kompliment, sondern einfach der gefühlte Eindruck. Die zugrunde liegende Geschichte verläuft ruhig und sie erhält auch viel Zeit, um a) zu wirken und b) auch nicht direkt erzählte Aspekte genug ins Bewusstsein des Zuschauers einrieseln zu lassen. Bestimmte dieser Aspekte müssen natürlich vorkommen, weil ihr Fehlen in dem Hintergrundsetting ein inhaltlicher Stolperstein wäre. Natürlich bildet das seltsame Reisegrüppchen immer mehr eine Zweckgemeinschaft und der Hass muss einfach einer gewissen Freundlichkeit weichen. Bisweilen müssen sich auch Opfer ihrer Opferrolle entledigen und die bewusste Entscheidung treffen, zukünftige und vor allem proaktive Anwälte und Verteidiger des nahenden Friedens zu werden …
Dieser bisweilen auftretenden Vorhersagbarkeit der Erzählung steht entgegen, WIE sie präsentiert wird: Es ist die Geschichte einer Nation, die auf brutale Art ins Leben gerufen wurde – erzählt mit wenigen Darstellern und doch starker Symbolik. Das merkt man vor allem am Ende, zu dem ich unter dem Trailer erst etwas ausführen werde – SPOILER ALERT also. Ein alter Captain, der kurz vor der Rente steht. Ein Soldat, der seine letzten Jahre rekapituliert und in dessen Bewusstsein das begangene Unrecht immer mehr Gewicht auf der Schuld-Waage anhäuft. Ein Häuptling, der im Sterben liegt. Ein junger Franzose, dessen Mutterland nicht mehr viel zu sagen haben wird in der weiteren Entwicklung der USA, wie wir sie heute kennen. Schließlich das Ziel der Reise, was nichts anderes als „heiliges Land“ darstellt.
So genommen trieft der Film vor Symbolik, was wiederrum nur gut ankommt, weil die eigentliche Spannungskurve relativ gering bleibt. Natürlich gibt es viele Hürden und vor allem schlechte Menschen, die die kleine Gruppe überwinden muss (schon wieder Symbolik), aber irgendwer wird am Ende schon ankommen. Es gibt kein maximales, vorhersehbares Hindernis, dem sich die Gruppe entgegen stellen muss – bis zum bitteren Ende kämpfen sie auf vielen Baustellen und haben quasi keine ruhige Minute. Eine Reise also, bei der es der Weg ist, der zählt.
Insofern ist es ein emotionaler Film mit einer enorm starken Aussagekraft, die einen wenigstens minimal mitdenkenden Zuschauer erfordert – und diesen berührt, ohne ihn manisch depressiv oder gar „sich schuldig fühlend“ zu hinterlassen. Für alle, die sich für das grundsätzliche Thema erwärmen können, sei eine deutliche Empfehlung ausgesprochen!
Bettina Riedel (academicworld.net)
FEINDE – Hostiles
Ab dem 12. Oktober im Vertrieb von Universum Film in den gängigen Formaten fürs Heimkino erhältlich.
Zum Ende (noch mal: SPOILER!) – das wirklich ein starkes Symbolbild ist. Es sterben die meisten der Charaktere, die unter dem „alten System“ noch gelitten und gelebt haben. Übrig bleibt eine neue Generation, die sich mit der älteren weißen Generation zusammenschließt, beziehungsweise zusammenschließen muss. Das klingt in erster Instanz politisch absolut inkorrekt, will das aber auch gar nicht sein. Es entspricht vielmehr der Realität der menschlichen Geschichte, es ist ein massives Beispiel der Entscheidung „Anpassen oder Untergehen“. Fast könnte man vom Ende der amerikanischen Ureinwohner sprechen, die in einer kurzen Momentaufnahme mit wenigen Personen am Ende auf den Kopf getroffen wird.