Obacht, hier geht es um Band 3, mit dem die Trilogie abgeschlossen ist. Die Besprechung zu Band 1 und Band 2 findest du hier.
Dass gerade El einmal etwas Selbstloses für diese kaputte Hexenwelt machen würde, hätte sie im Leben nicht gedacht. Doch sie brachte in Band 2 die gesamte Scholomance durch den Saal der Abschlussfeier, der vor Mals nur so wimmelte – inklusive Patience und Fortitude. Doch im letzten Moment musste sie Orion zurücklassen, der sie sogar noch aus den Toren stieß, bevor der Möchtegern-Held sich den Schlundmäulern stellte. Zurück in der Außenwelt hängt El völlig durch. Die Strapazen der letzten vier Jahre machen sich deutlich bemerkbar und Orion verlässt ihre Gedankenwelt auch nicht, wenn sie schläft. Sie fühlt, dass er noch existiert, aber die Schule ist doch in die Leere gestürzt, oder nicht? Und wie hätte er das sowieso überleben können?
Doch El bekommt nur eine kurze Pause, denn die Enklaven wollen sie anheuern – ein bösartiger Malefizer greift die scheinbar sicheren Enklaven an. Das sei doch die richtige Herausforderung für Els magisch-zerstörerisches Talent, oder? Nun soll El also noch eine Schippe drauf legen und wieder Gutes für die magische Welt tun – keine Frage, das läuft ihrer magischen Begabung tatsächlich deutlich zuwider, zumal es für die Enklaven wäre, die sie und anderen Zaubernachwuchs bisher so schäbig behandelt haben.
Dem Tod hätten die sie vorgeworfen, eiskalt abserviert wurde sie in der Scholomance – und jetzt kommt sie einem Geheimnis der Enklaven auf die Spur, die ihre Wut auf die versnobbten Enklaven-Zauberer nur noch weiter anstachelt …
Der (ausschließlich positive) Leseeindruck
Die Menge der Reflexion, die die Autorin in ihr Buch einbauen kann, ohne damit langatmig und nervig zu wirken, ist erstaunlich. Wir betrachten die Geschehnisse weiterhin aus Els Position und verbringen viel Zeit in ihrem Kopf mit allerlei Gedanken und Gegrübel. Die nehmen aber sehr spannende Formen an und widmen sich den offenen Fragen aus Band 2 und neuen Fragen, sodass man regelrecht zum eigenen Schlundmaul wird und wissen will, was hier wirklich vor sich geht. Zusammen mit El finden wir das bitterböse Geheimnis jeder Enklave und folgen ihrem Entscheidungspfad, jemandem Bösem zu helfen und trotzdem das Gute zu erreichen.
Der positive Eindruck setzt sich darin fort, dass wir sogar El noch ein bisschen besser kennenlernen. Sie ist nicht mehr die bitterbös verkantete Teenie, die sich gegen alle wehren muss, damit sie überlebt. Sie lässt Gefühle zu, sie trägt eine enorme Verantwortung – man baut ihr gegenüber einen gehörigen Respekt auf, denn die Last dieser Welt zieht ihre Schultern runter. Doch sie steht jeden Tag wieder auf und widmet sich den Aufgaben, die erledigt werden müssen. Für die Zukunft. Für die Kinder, die nicht sterben müssen. An Ende hinterlässt die Scholomance traurige Leser:innen, weil man zurückkehren und weiter mit El befreundet sein möchte.
Während des Lesens gleitet man permanent zwischen Hoffnung, Spannung, Schock, Sarkasmus und einem Funken Liebe hin und her. Emotional perfekt abgeholt, so könnte man es beschreiben. Dabei bleibt die Logik nicht auf der Strecke, denn die Scholomance ist ein sehr verkopftes Magie-Konstrukt, bei dem es oft Widersprüche geben könnte. Die kommen aber nicht, denn Naomi Novik muss ein maximales Planungsgenie sein, um alles perfekt aufzudröseln. Und trotz all dem ist das Buch keine schwere Kost, vielmehr eine wahnsinnig coole Fortsetzung, respektive Ende der Trilogie!
Handwerklich ist das Buch sowieso perfekt gestrickt, da gibt es absolut keine Mankos. Was will man sagen? Der perfekte Abschluss.
Naomi Novik. Scholomance – Die Goldenen Enklaven.
cbj Verlag. 20 Euro.