Band 1 von voraussichtlich 3. Die Besprechung von Band 2 findest du hier (Spoilergefahr!).
Es ist eine fantastische und doch brutale Welt, in der Galadriel (El) lebt: Sie kann über Magie verfügen und geht in eine Schule, um den Umgang damit zu erlernen. Sie ist den Menschen magisch überlegen und doch andauernd auf der Hut, denn Jugendliche mit Magie werden von den sogenannten Mals, bösartigen magischen Wesen, sehr gerne verspeist – und die krabbeln und fliegen zuhauf in dieser Schule, die wie eine gigantisches Festmahl verlockt. Eigentlich ist sie also eine Schülerin und doch jeden Tag ums Überleben kämpfend – die Scholomance ist keine harmonische Schule. Hier kämpft nicht nur jeder gegen Mals, sondern auch die Schüler:innen untereinander, jeder gegen jeden: Nur nicht El, die mit ihrer bissigen und sarkastischen Art alle von sich stößt. Vielleicht auch zurecht, denn ihre Affinität ist Massenmord und wenn das die Leute wüssten, hätte sie eine noch größere Zielscheibe auf ihrem Rücken …
Tiefschwarze Erzählung
Auch in diesem Buch macht die Autorin von Anfang an klar, dass es hier nicht um zauberhafte Geschichten mit Wohlfühlcharakter geht. Niemand ist sicher, es gibt unfassbar viele Fallstricke und gerade, wenn man sich einigermaßen eingefühlt hat und die Charaktere etwas Positives erleben, kommt die nächste Klatsche um die Ecke. Das hebt die Leser:innen darüber hinweg, dass die eigentliche Grundstruktur der Geschichte recht simpel ist: Schüler fixen das Problem in einer einzelnen Mission. Damit schließt der Band seine Erzählung inhaltlich überraschend stark in sich ab, sodass es keinen Cliffhanger gibt und Band 2 mit einer strukturell neuen Situation aufwarten wird/sollte.
Dauerkampfbereite Jugendliche
Je weiter die Seiten aber voran schreiten, umso deutlicher wird, ist wie wenig facettenreich die Welt ist. Im Wesentlichen geht es um Els emotionale Instabilität, die Kämpfe gegen Mals, ein wenig Druck von anderen Schüler:innen und die finale Rettungsmission. Umso umfangreicher fallen die Beschreibungen der Mals aus und der Kämpfe, sodass es hauptsächlich um dauerkampfbereite Jugendliche geht, die nie sicher sind, nicht einmal vor sich selbst. Da verwundert es nicht, dass Galadriel / El maximal irritiert ist, als sich plötzlich der Held der Schule an ihre Fersen heftet und Freundschaft mimt.
Teamwork als Message?
Wer interpretieren möchte, findet natürlich eine in der Schule abgeschottete Parallelgesellschaft vor, in der Jugendliche einem Problem begegnen, das ältere Generationen hinterlassen haben – und sie machen sich auf, es selbst zu lösen. Die Gesamtkonstruktion wirkt, als hätten die älteren Generationen aufgegeben, sich mit dem desaströsen Status Quo abgegeben und würden sich nicht mehr kümmern. dass das Problem in der figurativen Tiefe liegt, ist ein relativ offensichtliches Bild und je näher die Schüler dem Abschluss kommen, desto näher rückt auch das Problem. Dieses Problem verschärft sich durch die einzelnen Heldentaten eines Schülers, was sich erst ins Positive verkehrt, als die Kids begreifen, dass es mehr als einen Helden braucht, um ihr Problem zu lösen. Teamwork also als Message der Jugend gegen übermächtige Herausforderungen.
Zynische Perlen
Positiv sind Els sehr zynische und sarkastische Kommentare, denn wenngleich sie sich dadurch unbeliebt macht, geht sie damit sehr selbstreflektiert um und hat in Wesentlichen Recht. Ihre Aussagen passen gut in Streitgespräche, die man in der Regel mit Instagrammern führt, für die der Schein mehr wiegt als die Realität. In diesem Sinne: Geht mal wieder normal miteinander um! Sie weiß, wer sie ist, warum sie so ist und sieht die Welt durch sehr pragmatische Augen, während sie doch nicht ganz die Hoffnung, ihre Ambitionen und ihre Träume verliert. Eine sehr sympathische Lovestory, die sich da ganz ohne rose Herzchen und Teenage-Drama entwickelt.
Das Fazit
Irgendwie ganz anders, etwas bitter, sehr zynisch – und damit eine seltsam faszinierende Unterhaltung in diesem sonderlich stark verregneten Frühling.
Scholomance. Naomi Novik.
20 Euro. blanvalet.