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    Zwischen fanatischer Liebe, Wahnsinn und ländlicher Einsamkeit

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    By chefaccount on 7. Oktober 2025 Rezension
    Eine intensive Hochzeitsnacht prägt den Höhepunkt einer schwierigen Beziehung©MUBI_Credit_Kimberley-French
    Eine intensive Hochzeitsnacht prägt den Höhepunkt einer schwierigen Beziehung. ©MUBI_Credit_Kimberley-French

    Ein radikaler Trip in die Einsamkeit

    Lynne Ramsay (We Need to Talk About Kevin) ist bekannt für ihre radikalen, kompromisslosen Filme. Mit DIE MY LOVE legt sie ein bedrückendes Drama über eine Frau vor, die in der Einöde Montanas langsam in Depression und Wahnsinn versinkt. Jennifer Lawrence liefert eine mutige Performance – doch der Film fordert Geduld, starke Nerven und ein Publikum, das sich auf das Extreme einlassen will.

    Worum es in DIE MY LOVE geht

    Grace (Jennifer Lawrence) zieht mit ihrem Partner Jackson (Robert Pattinson) in ein abgelegenes Haus im ländlichen Montana. Abgeschottet, von erdrückender Einsamkeit des Landlebens umgeben, hat sie nach der Geburt Ihres Kindes zunehmend mit inneren Abgründen zu kämpfen, die ihr Leben langsam ins Chaos stürzen. Während Jackson versucht, die fragile Beziehung aufrechtzuerhalten, sucht Grace Halt in einer riskanten Affäre und zunehmender Gewalt gegen sich selbst. Ramsay erzählt eine Geschichte über Liebe, Wahnsinn und das unentrinnbare Gefühl des Eingesperrtseins.

    Jennifer Lawrence brilliert als Grace

    Die größte Stärke von DIE MY LOVE ist die Hauptdarstellerin. Jennifer Lawrence gelingt es perfekt, die fragile Balance zwischen fanatischer Leidenschaft und innerem Zusammenbruch spürbar zu machen. Sie verkörpert Grace als Frau, die anfangs voller Leidenschaft steckt, dann aber schleichend in Depression und Wahn verfällt. Ihre Mimik und Körpersprache lassen die Abwärtsspirale noch dramatischer erscheinen.
    Robert Pattinson dagegen gibt den überforderten Partner Jackson, der trotz Bemühungen immer weniger Zugang zu Grace findet und auch seine Verzweiflung eindrucksvoll zur Schau stellt.
    In den Nebenrollen glänzen Lakeith Stanfield als geheimnisvoller Motorradfahrer, der Grace sofort beeindruckt, Sissy Spacek als Jacksons Mutter und Nick Nolte in einer kurzen, aber eindrücklichen Szene als dementer Vater.

    Grace(Jennifer Lawrence), die inder Einöde Montanas langsam in Depressionen und Wahnsinn versinkt ©MUBI_Credit_Kimberley-French
    Grace (Jennifer Lawrence), die in der Einöde Montanas langsam in Depressionen und Wahnsinn versinkt. ©MUBI_Credit_Kimberley-French

    Schauspiel und Inszenierung als größte Stärken

    Wie bereits erwähnt, überzeugt vor allem die Schauspielkunst der Hauptdarsteller und machen den Film zu etwas Besonderem. Als unbestrittenes Zentrum des Films prägt sich Lawrence mit all Ihrer Leidenschaft und Verzweiflung im Gedächtnis ein, während Pattinson und die Nebendarsteller das Drama glaubwürdig verstärken.

    Daneben findet Ramsay starke Bilder, um ihren Film zu unterstützen, besonders der brennende Wald am Ende bleibt hängen, der als Symbol für Selbstzerstörung und Befreiung gelesen werden kann. Sie behandelt postnatale Depression, Einsamkeit und die Fragilität von Beziehungen – somit gesellschaftlich hochaktuell Themen, die einige Leute bewegen. Auch nicht zuletzt mit der beklemmenden Atmosphäre des ländlichen Montanas schafft sie es, die Einsamkeit und Isolation, in der sich die Hauptperson befindet, visuell sehr stark darzustellen.

    Wenn Intensität zur Zumutung wird

    So intensiv Ramsay auch erzählt, so schwer zugänglich ist ihr Film dennoch. Die Fülle an Grace selbstzerstörerischen Handlungen wirkt stellenweise willkürlich – überwältigend können auch die vielen Nebenhandlungen und Motive sein, die sie behandelt: Untreue, Wahnsinn, Familienkonflikte und Naturmetaphern. Hinzu kommt, dass manche Abfolgen verwirren. So hat Grace zunächst eine Affäre, nur um kurz darauf die Ehe mit Jackson einzugehen – Szenen, die ohne spürbare Konsequenz bleiben und dadurch beliebig wirken.

    Insgesamt fehlt der Geschichte eine klare dramaturgische Linie: Es gibt keinen echten Wendepunkt, keine Entwicklung oder Lösung, die über die schleichende Zunahme des Wahns hinausgeht – welche zwar konsequent, aber auch ermüdend wirken kann. Grace bleibt von Anfang bis Ende in einer Abwärtsspirale gefangen, ohne Aussicht auf Veränderung. So entsteht das Gefühl, dass die Geschichte weniger voranschreitet, als vielmehr im Kreis läuft.

    Auch formal strapaziert Ramsay die Geduld des Publikums: Lange Einstellungen und Wiederholungen dehnen die Handlung und machen das Drama schwerfällig. Und selbst der brennende Wald im Finale – visuell ein Höhepunkt – bleibt erzählerisch kryptisch. Für manche erscheint er poetisch, für andere schlicht unbefriedigend. Am Ende stellt sich die Frage: Was möchte Ramsay eigentlich erzählen?

    Grace und Jackson in DIE MY LOVE in einer intensiven Liebesbeziehung ©MUBI_Credit_SeamusMcGarvey
    Grace und Jackson in DIE MY LOVE in einer intensiven Liebesbeziehung ©MUBI_Credit_SeamusMcGarvey

    Anspruchsvolles Kino für Analyse statt Unterhaltung

    Für Abiturient:innen oder Studierende kann DIE MY LOVE mit Themen wie psychische Gesundheit, Isolation im digitalen Zeitalter oder Geschlechterrollen Diskussionsansätze liefern. Der Film eignet sich aber weniger zur Unterhaltung, sondern vielmehr als Ausgangspunkt für Analysen in den Bereichen Literatur, Filmästhetik oder Psychologie. Für ein breites Mainstream-Publikum dürfte er wahrscheinlich zu sperrig sein.

    Fazit

    DIE MY LOVE ist ein Film der spaltet. Für manche könnte er wohl ein schauspielerisches Meisterwerk sein, doch alles in allem hinterlässt er den Zuschauer überfordert und ist nicht wirklich ein Film für einen entspannten Kinoabend.
    Lynne Ramsay verlangt dem Publikum viel ab: Geduld, Empathie und die Bereitschaft, sich auf Abgründe einzulassen. Jennifer Lawrence trägt den Film mit einer intensiven Performance – doch die schwerwiegenden Themen und der schwierige Erzählstil machen ihn streckenweise kaum erträglich. Wer klassische Dramaturgie und klare Auflösungen, oder gar ein Happy End bevorzugt, wird hier nicht auf seinen Geschmack kommen. Ein emotionales, aber auch anstrengendes Kinoerlebnis.


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    Quelle: Universität Konstanz

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