Hier geht es um Band 4, die Besprechung zu Band 3 findest du hier. Band 5 erschien im November 2020 und wurde hier besprochen.
Alex Verus hat es eigentlich gerade recht chillig. Sein Laden in London läuft, Lehrling Luna macht gute Fortschritte und Anne und Variam fügen sich gut in die etwas seltsame magische Gemeinschaft ein, die sie zusammen bilden. Dann taucht ein unbekannter Junge auf, der Alex offenbar ausspionieren möchte, aber harmlos erscheint. Bis ein extrem wütender Typ namens Will in explosive Erscheinung tritt, der gar kein Geheimnis daraus macht, wie sehr er Alex töten möchte (und für den spioniert wurde).
Die Mordanschläge häufen sich und immer wieder muss Alex als Wahrsager (und damit ehrlich gesagt schwacher Magier) von starken Frauen gerettet werden, bis klar wird, woher Will seine tödliche Motivation bezieht: Alex war ja dereinst Lehrling bei einem Schwarzmagier und in seinem Namen beging er einige Taten, die er retrospektiv lieber hätte verweigern sollen. Satz mit x – und Will macht Ernst. Nebenbei hängt das alles irgendwie mit Deleo und damit Richard, besagtem Schwarzmagier zusammen, der angeblich kurz vor seiner gefüchteten Rückkehr nach London steht …
Der Leseeindruck
Der Autor bleibt seiner Schreibweise treu: Es geht sehr offen und direkt zur Sache, wer ein besonders charmantes Buch über Magie in London erwartet, wird hier nicht glücklich. Dagegen alle, die mit Sarkasmus klarkommen, ihre Geschichten gern in der Realität verankert sehen möchten und trotzdem auf Magie und Übernatürliches stehen!
Das bedeutet in Konsequenz auch, dass unser Hauptcharakter kein perfektes Ideal darstellt, kein top-Lehrer für die Jugendlichen und schon gar kein Vorbild, dem man nacheifern sollte. Denn im Kampf gegen Schwarzmagier geht es nicht darum, den unbefleckten Held zu geben – sondern zu Überleben. Das wiederum erfordert Handlungen, die mindestens genauso dreckig sind, weswegen es in Sachen Romanze auch nicht so gut für Alex läuft. Diese Ehrlichkeit im Buch ist es, die die Reihe so einzigartig macht. Es geht hier nicht darum, eine maximal öffentlichkeitsverträgliche Geschichte zu erzählen, die allen Ansprüchen gerecht wird. Stattdessen stellt der Autor seine eigenen Ansprüche auf und hält sich daran – ob es der Leserschaft gefällt oder nicht, das ist quasi nicht sein Bier.
Hervorzuheben ist auch, dass der Autor nicht die perfekte magische Gesellschaft erschaffen hat, sondern den „Bösen“ auch das Recht gibt, seine Welt zu analysieren und maximal kritisch zu hinterfragen – beispielsweise die Art, wie Frauen in der magischen Gemeinschaft integriert sind (oder eher nicht) oder gar die Art, wie Magier mit Adepten umgehen. Benedict Jacka zeichnet also nicht rein in Schwarz und Weiß, sondern lässt ein Spektrum zu, sodass nicht alle Guten immer gut und alle Bösen durchaus bösartig sind.
Die Reihe selbst ist inhaltlich auch sehr abwechselnd. Im vergangenen Band 3 ging es um eine Art Kriminalfall, jetzt geht es um einen sehr umfassenden Kampf. Der hilft dem Leser, mehr aus der Vergangenheit von Alex zu erfahren, was wiederum als Vorbereitung auf Band 5 dient, der sich neuen Problemen und neuen Personen widmen wird. Jeder Band ist damit ein einzigartiges magisches Abenteuer und die Serie sehr um-/weitsichtig gestaltet und geplant.
Wer hier Schirm, Charme und Melone erwartet, sollte sich bei anderen Serien umsehen. Allen anderen, die es etwas direkter und ehrlicher mögen, sei diese Serie ohne Umschweife ans Herz gelegt.
Benedict Jacka. Der Wächter von London.
9,99 Euro. blanvalet.