Obacht, hier geht es um Band 2 von insgesamt 3. Die Besprechung zu Band 1 findest du hier.
Gerade haben sie eines der mächtigsten Handelshäuser in Tevanne erledigt, da machen Sancia und ihre Freunde sich daran, das nächste zu Boden zu ringen. Sie planen, alle Skriben des Handelshauses Michiel zu veröffentlichen und brechen dafür in den hochgesicherten Campus ein. Ab sofort schweben sie in Lebensgefahr, denn eine alte Bekannte taucht in Sancias Kopf auf: Valeria, ein Konstrukt, geschaffen von einem längst vergangenen Imperator mit blutiger und gedankenmanipulierender Vergangenheit. Ausgerechnet davor warnt sie Sancia: Der Rückkehr dieses Wesens, gottgleich in seiner Macht und darauf aus, die Welt nach seinen Wünschen zu formen. Clef indes schweigt still und könnte doch so viel mehr sein, als wir bisher dachten …
Der freie Wille
Nach Band 2 kommt man überraschend schnell in diesen zweiten Band hinein und das ohne langwierige Rekapitulation durch den Autor. Wie schon in band 1 ist die Action schnell in Gange, Pläne werden gefasst und geändert, während zeitgleich größere Themen eine ganz besondere Metaebene innehaben. In diesem Fall ist das unter anderem der freie Wille und Scheinlogik. Denn dass der freie essenziell in unserem Leben ist, ist glasklar. Es gibt jedoch allerlei Argumentation, mit der man dem widersprechen könnte: Dass Menschen sich immer abschlachten und Innovationen dafür nutzen, sich gegenseitig zu übertrumpfen, anstatt sich zu helfen. Unsere Welt wird immer unperfekt sein – es sei denn, man bekommt einen universalen Willen aufgezwungen, wie eine Programmierung des Geistes, eingepflanzte Algorithmen. Das alles findet statt, während ein magisches Monster zurückkehrt, Menschen sterben und unsere Held:innen allerlei gefährliche Aufgaben auf sich nehmen.
Mikroebene kommt nicht zu kurz
Aber auch auf dem individuellen Level gibt es spannende Entwicklungen: Gregor ist fester Teil des Teams und kämpft mit seiner Vergangenheit, Berenice und Sancia leben eine Beziehung unter widrigen Umständen und Orso begreift die Welt wieder etwas besser und verliert deine Träume nicht völlig. Zusammen mit den weiteren Charakteren bildet sich wieder eine fantastische Truppe, der man auf Diebeszügen folgt, ihnen die Daumen in allerlei Kampfsituationen drückt und hofft, dass sie eine Chance auf ihr persönliches Glück haben. Sie sind ungekünstelt, intelligent, aber nicht perfekt. Sie arbeiten zusammen und bilden eine Gruppe, die teilweise nicht widersprüchlicher sein könnte. Vor allem wissen sie: Sie arbeiten gegen ein System und haben keine Alternative im Angebot. Denn wenn Wissen Macht ist und sie das Wissen aufteilen unter all den Skribern – bekommen diese die Macht, ein reiner Wechsel also und ob es die Gesellschaft bessert, steht in den Sternen. Sicher ist nur: Das aktuelle System darf nicht fortbestehen, solange Menschen leiden und das Leben selbst so massiv geringgeschätzt wird.
Die Magie der Skriben selbst wird in diesem Band etwas entmystifiziert. Die Beschreibung der Realitätsverbiegung bekommt etwas sehr technisches, physikalisches oder geht sogar eher Richtung Programmierung. Die Abkehr von der Realität, das Aufzwingen eines anderen Willens, geht Hand in Hand mit der Frage, wie weit man dabei gehen darf. Insofern geht es hier weniger um Magie als die gesellschaftliche Neuordnung.
Das Fazit
Ein Buch, das man nicht beenden möchte, weil man es sonst ablegen muss und es noch etwas bis Band 3 dauert. Insgesamt ist es eine sehr gute Mischung aus Drama, kleinen Witzchen, Sarkasmus, Heldentum und Freundschaft.
Robert Jackson Bennet. Der Schlüssel der Magie – Der Meister.
blanvalet. 15 Euro.