Hier geht es um Band 2 – die Besprechung zu Band 1 gibt es hier. Band 3 ist just erst im November auf Englisch erschienen, eine deutsche Ausgabe wurde Stand 11. Januar 2021 noch nicht angekündigt.
Rin sitzt gewaltig in der Sch… Die Trifekta (3-teiliges Göttergespann) gibt es wirklich, Altan Trengsin ist tot, sie selbst ist schwer Opium-abhängig und die Kaiserin weiß genau, dass Rin es auf sie abgesehen hat – und dass die Kaiserin kräftemäßig besser aufgestellt ist, schimmert durch. Theoretisch ist Rin trotz allem die Anführerin der Cike, der kleinen Gruppe aus Schamanen, in deren Namen sie eine schlechte Entscheidung nach der anderen trifft. Kein Wunder, dass das nächste Angebot mehr als verlockend ist: Nezhas Vater plant, die Kaiserin anzugreifen, alle Provinzen zu erobern und dem Volk die Republik, die Stimme oder besser gesagt eine/die Wahl zu geben. Rin schlägt für alle Cike ein und hat direkt zwei bittere Pillen zu schlucken.
Denn von einen Tag auf den anderen wird sie in den kalten Entzug geschickt und dann wären da noch die Hesperianer. Sie sind mit hochentwickelten Waffen angehende Partner von Nezhas Vater und stellen als Kooperations-Bedingung, dass sie Rin untersuchen wollen. Denn was für Rin Götter sind, ist für Hesperianer verabscheuungswürdiges Chaos, das man am besten ausmerzen sollte … dann geht der große Feldzug los und die echten Probleme dieser Welt treten zu Tage: Nicht alle glänzende Versprechen werden zu Gold …
Hervorragend durchgeplottet
Was für ein Brett! Nicht nur in Bezug auf 800 Seiten und den noch ausstehenden Band 3, sondern die gesamte inhaltliche Konzeption ist so umfassend und doch vereinfacht, dass es eine wahre Leselust ist. Es gibt keine Lücke, beispielsweise warum die Cike bei Rin bleiben, wo sie doch so eine schlechte Anführerin ist. Zeitgleich enthüllt die Autorin kulturellen und historischen Hintergrund, er definitiv vorher schon eine Rolle gespielt hat, nur wusste das keiner. Heißt: Nicht nur wurden diese 800 Seiten hervorragend durchgeplottet, sondern bereits das kaum minder dicke Vorgängerbuch. Respekt für diese Leistung!
Zwischendrin echte Schocker
Damit die Bücher nicht zu sehr zur persönlichen Heldenreise einer Opiumsüchtigen werden zu lassen (?) oder weil es der Autorin wichtig ist, die ehrliche Hässlichkeit des Krieges zu untermauern, finden sich immer wieder echte Schock-Momente. Wenn beispielsweise Verwundete mit dem Gesicht in den Schlamm gerollt werden, bis sie „ruhig“ sind. Insofern vielleicht eine kleine Triggerwarnung, dass der Krieg hier nicht aus opulenten geographischen Beschreibungen besteht, wer wann wohin vorrückt. Was für sich genommen wiederum ein positiver Faktor ist, denn es gibt kein unnötiges Gerade über die Schlachten, bei denen man als Leser:in abdriften könnte.
Rassismus-Debatte on point
Sehr spannend auch ihre Position zu einem Volk, das sich für Überlegen hält, maximal rassistisch vorgeht à la „Ihr wisst ja gar nicht, warum ihr weniger Wert seid, lass mich dir das kurz mansplainen“. Dazu wird dieses Volk missionarisch aktiv und dabei handelt es sich um das Konzept eines einzelnen Schöpfers. Egal, worauf man das beziehen möchte – die Autorin liefert astreine Beispiele mit, in denen „man“ sich nach eigener Meinung weltoffen verhält, aber puren Rassismus lebt (pun inteded). Dadurch, dass sie diese Beispiele mit Rin verknüpft, erlebt man als Leser:in den Rassismus am eigenen Leib. Exzellent aufgesetzt und es würdig, sich mal über sich selbst Gedanken zu machen!
Nicht zu vergessen: Exzellentes Preis-Leistungs-Verhältnis!
Fazit: Ein echtes Juwel.
R. F. Kuang. Im Zeichen der Mohnblume – Die Kaiserin.
16 Euro. blanvalet.