„OpenAI-Entwickler verdienen bis zu 800.000 US-Dollar im Jahr“ – diese Schlagzeile sorgte kürzlich für Goldgräberstimmung unter den KI-Experten. Während viele Menschen die Künstliche Intelligenz als Bedrohung empfinden („Wird mein Beruf aussterben?“), sehen andere vor allem die beruflichen Chancen optimistischer. Lasst uns einen Blick darauf werfen, wie KI die Arbeitswelt verändern wird und welche Chancen diese Entwicklung für euch bieten könnte.
Künstliche Intelligenz (KI) hat gerade in jüngster Vergangenheit für enormes Interesse gesorgt. Neuartige Chatbots wie ChatGPT können zu nahezu jeder Frage in Sekundenschnelle passende Antworten liefern, die wirken, als seien sie von Menschen verfasst. Dabei sind einige KI-Anwendungen schon seit längerem fest im Alltag vieler Menschen angekommen. Ein Beispiel ist die Gesichtserkennung im Smartphone: KI lernt bei jedem Entsperren hinzu und kann so in der Folge das Gesicht besser erkennen.
Auch immer mehr Unternehmen setzen KI ein, wodurch ihre Beschäftigten bei der Arbeit unterstützt werden. Das bedeutet allerdings nicht unbedingt, dass KI Arbeitsplätze vollständig ersetzt. KI-Anwendungen erleichtern vielmehr die Arbeit und müssen häufig durch Beschäftigte begleitet oder weiterentwickelt werden. Das trifft zum Beispiel auf solche KI-Anwendungen zu, die lediglich Empfehlungen aussprechen, auf deren Basis dann aber die Entscheidungen von Beschäftigten getroffen werden. Zudem können KI-Anwendungen gerade in Zeiten eines zunehmenden Fachkräftemangels Unternehmen dabei unterstützen, ihre Arbeitsbedarfe vollständig zu decken. Insgesamt stellt sich daher die Frage, wie KI die Arbeitswelt in Zukunft verändern wird und welche Branchen davon besonders betroffen sein werden. Wichtig ist dabei, die Perspektive der Unternehmen zu betrachten. Denn sie sind es, die die Entwicklung entscheidend mit beeinflussen werden.
Wertvolle Informationen geben Unternehmen unter anderem in neu ausgeschriebenen Stellenanzeigen preis. Ein Fokus auf Stellenanzeigen, die KI-Kompetenzen bei neuen Beschäftigten fordern, kann etwa aufzeigen, welche Qualifikationen und konkreten Skills Beschäftigte besitzen sollten und wofür Unternehmen KI in Zukunft einsetzen möchten. Insgesamt schrieben Unternehmen in Deutschland in den Jahren 2019 bis 2023 pro Quartal etwa 10.000 bis 20.000 KI-Stellenanzeigen aus.
Anforderungsprofile in KI-Stellenanzeigen
Oftmals setzen Unternehmen in KI-Stellenanzeigen einen Studienabschluss voraus: Wird in den Stellenanzeigen ein Abschluss gefordert, ist in 96 Prozent ein Studium erwünscht. Fachlich zeigt sich bei den Unternehmen eine klare Tendenz zu MINT-Fachrichtungen: Allein in zwei Drittel der Stellenanzeigen mit einer konkret geforderten Fachrichtung werden Studienabsolvierende aus dem Informatik-Bereich gesucht. Auch Wirtschaftsinformatik und Mathematik (jeweils ein Drittel) bleiben als theoretische und methodische Grundlage für KI wichtige Studienfächer.
Seit 2021 gewinnt auch das Studienfach Data Science enorm an Bedeutung. Dies ist plausibel, denn Daten bilden die Grundlage für KI-Anwendungen, da zugrundeliegende KI-Modelle meist mit großen Datenmengen trainiert werden. Gerade für die Entwicklung derartiger KI-Modelle werden Data Scientists benötigt.Data Science als Studienfach wird zwar immer häufiger genannt, taucht insgesamt aber noch vergleichsweise selten als geforderte Fachrichtung auf. Das lässt sich unter anderem darauf zurückführen, dass Data Science als dezidierter Bachelor- und Masterstudiengang erst seit wenigen Jahren an deutschen Universitäten angeboten wird.
Inhaltlich werden nicht nur Programmiersprachen wie Python vorausgesetzt. Optimale Bewerberinnen und Bewerber müssen neben Programmierkenntnissen auch ein tiefgreifendes Verständnis von KI-Konzepten wie Machine Learning oder Big Data vorweisen. Dabei sollten sie ihre theoretisch angeeigneten Fähigkeiten auch bereits angewendet und im Berufsleben unter Beweis gestellt haben. In knapp 80 Prozent der Stellenanzeigen mit einer Angabe zur Berufserfahrung wird mehrjährige Berufserfahrung gefordert.
Einsatzbereiche von KI
Neben den Anforderungsprofilen enthalten KI-Stellenanzeigen auch Informationen zu den KI-Einsatzbereichen. Insgesamt geben Unternehmen im Jahr 2023 in 72 Prozent der KI-Stellenanzeigen an, KI einzusetzen, um große Mengen an Unternehmensdaten zu analysieren und aus den gewonnenen Erkenntnissen geschäftsrelevante Entscheidungen ableiten zu können (Business Intelligence und Big Data). Derartige Big-Data-Analysen wären mit menschlichem Einsatz nur unter sehr hohem Aufwand möglich.
In 29 Prozent der KI-Stellenanzeigen suchen Dienstleister – wie Unternehmensberatungen – Beschäftigte mit KI-Skills, um entweder die eigene Dienstleistung oder interne Prozesse KI-basiert zu verbessern oder um Kunden zu KI zu beraten. Beispielsweise können KI-Potenziale bei Kunden bedarfsgerecht identifiziert oder KI-Anwendungen für Kunden entwickelt werden. In 13 Prozent der KI-Stellenanzeigen sollen neue Beschäftigte zu KI forschen, 12 Prozent betreffen den Einsatzbereich Robotik und 11 Prozent das Themengebiet Fahrassistenz. Im Fahrzeugbau ist der Bereich Fahrassistenz, wozu unter anderem autonomes Fahren gehört, ein wichtiges Zukunftsfeld, bei dem KI eine zentrale Rolle einnehmen wird. KI-basierte Bildverarbeitung kann etwa im Produktionsprozess hilfreich sein, wenn KI-Anwendungen intakte von fehlerhaften Produktionsteilen unterscheiden und letztere aussortieren. KI-basierte Sprachverarbeitung bildet zum Beispiel die Grundlage dafür, dass Chatbots wie ChatGPT eingegebene Fragen erkennen und beantworten können.
Voraussetzungen für den Einsatz von KI
Insgesamt zeigt die Analyse, dass KI eine Querschnittstechnologie ist. Das bedeutet, dass KI nicht ausschließlich in einzelnen Branchen nutzbar ist, sondern theoretisch branchenübergreifend eingesetzt werden kann. Auffällig ist einzig, dass besonders viele Beratungsunternehmen KI-Stellenanzeigen ausschreiben, wobei wahrscheinlich ist, dass sie Unternehmen aus verschiedenen Branchen zu KI beraten. Dass der Großteil der ausschreibenden Unternehmen KI im Bereich Business Intelligence und Big Data einsetzt, gibt einen Hinweis auf die Voraussetzungen des KI-Einsatzes: Damit KI besonders effektiv eingesetzt werden kann, sollten in den Unternehmen möglichst viele Daten digital vorliegen, um Big-Data-Analysen durchführen zu können. Das bedeutet, Unternehmen sollten fortgeschritten sein bei der Digitalisierung. Im Umkehrschluss bedeutet dies allerdings auch, dass die KI-Potenziale besonders hoch sind, wenn die Unternehmen Digitalisierungsvorreiter sind. Das betrifft in Deutschland derzeit vor allem die Branchen IKT (Informations- und Kommunikationstechnologie), Elektrotechnik, Maschinen- und Fahrzeugbau sowie unternehmensnahe Dienstleister.
Neben dem Stand der Digitalisierung setzt der KI-Einsatz eine gut ausgebaute technische Infrastruktur voraus. Dazu gehört neben dem Zugang zu schnellem Internet auch die Recheninfrastruktur. KI-Anwendungen verarbeiten meist große Datenmengen in Echtzeit, weswegen einerseits ein hoher Rechenaufwand entsteht und andererseits Daten in Echtzeit übertragen werden müssen.
Fazit
Insgesamt suchen Unternehmen also besonders hochqualifizierte Beschäftigte gerade aus dem MINT-Bereich. Derartige Beschäftigte können in den Unternehmen dafür verantwortlich sein, KI-Einsatzmöglichkeiten zu identifizieren, KI-Anwendungen zu entwickeln oder zu KI zu forschen. Ihnen kommt daher eine besondere Bedeutung für die zukünftige Entwicklung von KI in der deutschen Wirtschaft zu. Wichtig ist, dass Unternehmen ihre Bedarfe decken können, damit die Potenziale von KI in deutschen Unternehmen auch gehoben werden können.
Angesichts des vorliegenden Fachkräftemangels in Digitalisierungsberufen ist es daher entscheidend, dass Unternehmen auch zukünftig ein breites Angebot an passend qualifizierten Beschäftigten zur Verfügung steht. Nur dann können sie KI in der Breite einsetzen und von Effizienzgewinnen profitieren.
Autor Jan Büchel hat Volkswirtschaftslehre im Bachelor und Master an der Rheinischen Friedrich- Wilhelms-Universität Bonn studiert. Im Anschluss war er bei einer Unternehmensberatung tätig. Seit 2020 ist er Economist am Institut der deutschen Wirtschaft in Köln. Dort forscht er zu den Themen Digitalisierung und Datenwirtschaft.
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