Raeve ist Assassine und tötet Menschen im Auftrag der Rebellion gegen den König. Doch als ein Kopfgeldjäger auftaucht, attackiert er Raeve genau da, wo er sie am Schlimmsten verletzt: Er nimmt ihr die gewählte Familie auf blutigste und grausame Weise. Anschließend nimmt er sie gefangen, kerkert sie ein und lässt sie zum Tode verurteilen.
Doch anstatt bei lebendigem Leib von Drachen gefressen zu werden, kommt ihr ein imposanter Drachenreiter zu Hilfe. Er entführt sie in ein anderes Königreich und konfrontiert sie mit etwas, das sie längt verloren geglaubt hatte: Ihre eigene Vergangenheit. Die sie gar nicht wiederhaben will. Und den Typ übrigens auch nicht, egal wie groß der Sog ist, der von seinem Augen und seinem Körper ausgeht. Sie ist und bleibt Raeve, Assassine der Rebellen und will sich nicht binden, sondern einfach ihre Rache einfordern.
Der Leseeindruck
Das wirklich Tolle ist – ok, es gibt mehrere tolle Sachen, aber eine finden wir besonders bemerkenswert: Ja, es ist Romantasy, aber davon merkt man anfangs wenig und als es sich intensiviert, ist man schon tief in die Geschichte der Drachen oder Königreiche eingesogen worden und das Blut floß in Strömen. Der Romance-Aspekt steht also lange nicht im Vordergrund, stattdessen möchte Raeve aus verschiedenen Gründen ganz viele Menschen recht brutal töten. Manchmal ist es leider alles, was sie will, was sie als Charakter etwas hyperfokussiert auf diese eine Sache erscheinen lässt. Später schimmert die Romance durch und wird recht schnell mit dem üblichen Spice ersetzt.
Also erst leidet die Handlung ein wenig unter „ich töte ihn!“ in endloser Wiederholung und dann durch die Sexszenen. Arg? Jein – es fällt schon auf, aber nimmt keine schlimmen Ausmaße an. Positiv an Raeve empfanden wir, dass sie sich nicht zur Show ziert, etwas mit ihrem Retter anzufangen. Sie will wirklich nicht. Die Gründe sind authentisch, zutiefst menschlich und nachvollziehbar. Umso größer der Sog zu ihm, natürlich! Gut eingesetztes Stilmittel, aber eben auch charakterlich ein bemerkenswerter Zug.
Dafür kommt an anderer Stelle Komplexität hinzu, die nicht ganz spoilerfrei tiefer erklärt werden kann, daher bleiben wir hier so schwammig wie möglich: Ein ominöser Halbbruder agiert im Schatten, hatte vorher seine Finger in Raeves Schicksal im Spiel. Dazu das große Rätsel, wer „die Andere“ (eine zweite Perspektive von Raeves Handlungsstrang) ist, nachdem sie von Anfang an unsere Protagonistin als Wirtin bezeichnet. Ist es die Seele des Drachen? Ist es Clode? Eine völlig fremde Person? Oder ist es einfach ein Persönlichkeitssplitter von ihr selbst? Man fragt sich auch eine ganze Weile, was der Titel genau mit der Geschichte zu tun hat – den dafür gibt es mehrere Möglichkeiten. Ein Mond schlüpft oder hat etwas schlüpfen lassen – und wer sind die Auserwählten wofür? Allein solche Spirenzchen und Gedankenspielereien zeigen, wie durchdacht die Geschichte ist und was noch alles auf uns zukommt.
Pluspunkte gibt’s für das ultra schöne Cover und die Prägung auf dem Buch selbst. Davon abgesehen steigt man etwas langsam in die Geschichte ein und hat plötzlich hunderte Seiten an einem Tag gelesen und wird stinkig, wenn man zur Uni oder in die Arbeit muss. Oder mal duschen. Ein Buch, mit dem man sich abends nicht ins Bett kuscheln sollte, wenn man nicht die ganze Nacht durchmachen kann.
Viele Fragen bleiben offen und halten damit die Spannung auf Band 2 auf einem enorm hohen Niveau. Leider erscheint Band 2 erst auf Englisch im Oktober 2025.
When the Moon Hatched. Sarah A. Parker.
Penguin. 24 Euro.