Ein Reisender, eine entlegene Gegend in den Staaten und ein Krimineller, der genau das für sich zu nutzen scheint. Jack möchte bei einem Verkehrsunfall helfen, doch statt eine Verletzte zu finden, hält ihm die vermeintlich Verunfallte eine Waffe ins Gesicht. Sie hält ihn für einen Schergen des hiesigen Verbrecherkönigs, der irgendwie mit dem Schicksal ihres verschwundenen Bruders zusammenhängt. Jack kann sie überzeugen, dass er nicht nur nicht dazugehört, sondern ihr auch helfen kann. Zumal sich die Anzeichen verdichten, dass hier im ländlichen Nirgendwo die Drehscheibe für eine Schmugglerbande entstanden ist, die nicht nur bunte Rauchbomben baut …
Der Leseeindruck
Wir lesen das erste Mal (oder seit langem das erste Mal?) von Reacher in einer ich-Perspektive. Das tut dem Buch spürbar gut, denn es gibt schon Witze, wie oft im neuen Band wohl die ständig gleichen Formulierungen zu ihm auftauchen (Größe und Gewicht sind offenbar extrem relevant, egal wie oft das zuvor genannt wurde). Wir stehen also nicht mehr neben seiner Beschreibung als hocheffiziente Kampfmaschine, der Wahrscheinlichkeitsrechnung im Schlaf erledigt und sowieso immer mehr zu Chuck Norris wird. Jetzt sind wir also in seinem Kopf und ja, so wird er durchaus etwas persönlicher, nahbarer. Ob da wohl am Einfluss von Andrew Child (Lee’s Bruder) liegt, der bei diesem Band offenbar mitgewirkt hat?
Handlung insgesamt? Leider zäh.
Unser Antagonist scheint ein wirklich schlimmer Typ zu sein und man fühlt anfangs den Schrecken, den er verbreitet, denn seine Taten sind wirklich gruselig. Und dann? Nichts mehr. Man möchte ihn als Leser:in schon erledigt wissen, aber eben nur aufgrund der Eingangsbeschreibung. Die verblasst etwas über die vielen Seiten, in denen Jack selbst nicht so recht zu wissen scheint, ob er bei diesem Fall nun am Ball bleiben möchte oder nicht.
Dass Jack ausgerechnet bei diesem Fall ganz nebenbei eine alte Fliege seiner Vergangenheit erschlägt, ist ein bisschen zu viel des Guten und ein Beispiel für eine zu konstruiert, zu choreografierte Handlung. Wenn am Ende wirklich jedes Rädchen aus mehreren Zeitspannen ineinander passt und das im amerikanischen Nirgendwo, worüber Jack sehr zufällig stolpert? Einfach etwas zu gefällig und damit auch nicht wirklich spannend.
Dazu kommen zu viele Details der Optik rund um die beiden Personen herum, sodass wir uns zwar ganz toll ausmalen können, wo sie sich befinden, aber es ist leider nicht so wichtig. Wir sind eh schon mäßig motiviert und möchten, dass Jack nicht nur Handlanger vermöbelt, sondern der Wahrheit hinter der Cateringfirma und den Bombengerüchten kommt. Final wird hier ein riesiges Ungleichgewicht konstruiert, bei dem die Waagschale der Charaktere extrem zu leicht ist und das Maß der Umgebungsbeschreibung überhand nimmt. In Summe einfach wenig Lesespaß und sehr zäh.
Lee & Andrew Child. Jack Reacher – Der Kojote.
blanvalet. 24 Euro.