Sascha und Anna erfüllen sich einen Traum: Raus aus der engen Stadtwohnung in Hamburg und ab aufs flache Land! Atmen, Platz haben, mehr Lebenslust, näher an der Natur sein und eine neue Lebensqualität erfahren. Wenn da nicht ein kleiner Teil der Natur wäre, der die menschengemachte Idylle auf den Kopf stellt – hier ein Maulwurfhaufen, da ein neuer … Der überkorrekte Sascha nimmt sich des Abenteuers an und verzweifelt anhand des erfinderischen kleinen Felltierchens, das den Garten in eine Mondlandschaft verwandelt.
Die Ausgangslage der flachen Story
Die Ausgangsituation des Paares ist hinreichend klischeehaft, aber gerade wegen dieser Klischeehaftigkeit auch leicht verständlich – zumindest für die, die einen Teil ihres Lebens oder aktuell in einer Großstadt verbracht haben. Natürlich wäre ein Zimmer mehr immer toll, selbstredend gibt es immer ein paar Quadratmeter zu wenig. Jetzt haben die beiden allein im Garten 1.800 Quadratmeter und können sich quer darüber rollen, ohne so schnell an eine grenze zu stoßen.
Das Gefühl von Freiheit liegt in der Luft und die Stadtflucht als Thema ist auch nichts Neues, aber damit auch etwas, das man nicht erklären muss. Insofern ist das grundlegende Setting schnell zu begreifen und ohne Hirnleistung einzuordnen.
Noch klischeehafter wird’s bei den Nebencharakteren
Rundherum kommen Nachbarn aus den Häusern, die aus einem überspitzten Comic entstammen könnten. Sie werden auf wenige Aspekte heruntergebrochen, damit man sie schön in bestimmte Schubladen stecken kann. Der harte Kern rund um das neue Haus besteht ebenfalls aus Hamburg-Expats und kommt beispielsweise als überdreht lachende Tussi auf Stilettos daher. Ein wirklich typischer Fall von Frauenfiguren, die von Männern für Männer geschrieben werden. Der grummelige Nachbar in Angler-Weste und zugehöriger Mütze. SUVs überall.
Zieht man den Personenkreis weiter, taucht die allgemeine Landbevölkerung auf und wird als hinterwäldlerisch und dumm dargestellt. Er würde aggressiv angehupt werden, weil er auf einem Elektroroller zum Bahnhof fährt. Der Verkäufer im Baumarkt lacht ihn aus und macht sich lautstark bei Kollegen über ihn lustig – natürlich will Sascha nachhaltig leben und der Verkäufer will ihm umwelt-unfreundliche Lösungen für seinen Rasen andrehen. Dazu absolutes Unverständnis gegenüber dem Konzept der Nachhaltigkeit. Das ist platt, bar jedes Einfallsreichtums und nahezu beleidigend.
Die Struktur des Buchs
Da es inhaltlich recht stressig ist, könnte man sagen, dass das Buch auf Kurzweil angelegt ist. Da überrascht es nicht, dass es in teilweise rasant kurzen Kapiteln präsentiert wird. Die permanent wechselnden Perspektiven erleichtern das Lesen durchaus, weil man sich nicht über Gebühr mit den einzelnen hanebüchenen Charakteren beschäftigen muss.
Der finale Knackpunkt
Sascha als Hauptperson? Indes eine klägliche Figur. Wie er sich reinsteigert, offenbar unter etwas leidet, das Richtung Neurose geht, Kolleg:innen ausbootet, um sich selbst zu retten, überall Schwierigkeiten macht, während er geistig in eine völlig negative Zone abdriftet – es wird hochgradig unsympathisch. Da möchte man als Leser:in nicht außen stehen, zukucken und lachen oder gar lächeln oder den Kopf schütteln. Man möchte nichts mit Sascha und seiner Geschichte zu tun haben, der Unterhaltungswert sinkt stark ab. Mitleid hatte ich mit Sascha und damit immerhin eine Gefühlsregung, aber eben keine, die ich haben wollte oder mit der ich gerechnet hätte, als ich das Buch ausgesucht habe. Ein Plus gibt es: Sascha macht tatsächlich das, was die Google-Suchtreffer alles angeben, wenn man nach „Maulwurf vertreiben“ sucht.
Das Fazit
Für alle Generationen beginnend ab Millennials leider sehr cringe. Alle davor könnten den Humor noch als den ihren begreifen und sehen vielleicht einen anderen Unterhaltungswert als wir.
Der Maulwurf. Mark Spörrle.
Heyne. 17 Euro.