Olivia kehrt in ihre kleine Heimatstadt zurück, um dort die Bienenstöcke ihrer Familie zu übernehmen – und fernab ihrer gescheiterten, gewalttätigen Ehe ihren Sohn (Asher) großzuziehen. Er findet sich hervorragend ein und verliebt sich unsterblich. Lily, nunmehr seine Freundin, lässt sich etwas zögerlicher auf ihn ein. Es ist ein Geheimnis ihrer Vergangenheit, vor dem sie sich fürchtet und das ihre Beziehung zu Asher komplett zerstören könnte. Kurz, nachdem er davon erfährt, wird Lily tot aufgefunden und Asher rückt in den zentralen Fokus der ermittelnden Beamten. Hat er die gleiche dunkle Seite wie sein Vater? Olivia ist von der Unschuld ihres Sohnes überzeugt. Aber in Ash schlummern auch Anteile seines Vaters. Als sich der Verdacht gegen ihn verhärtet, merkt sie, dass er etwas verbirgt …
Der Leseeindruck
Die beiden Autorinnen wissen, wie man Lesende fängt. Allein der letzte Satz auf der ersten Seite ist so unfassbar gruselig und trifft uns unvorbereitet – explizit, nachdem die vermeintliche Idylle der werdenden Mutterschaft skizziert wurde. Erst denkt man sich, „wow, sowas von on point“. Aber natürlich geht es nicht darum, warum Mädchen Opfer werden. Es soll nur darum gehen, die Lesenden darauf vorzubereiten, dass auch Jungs Opfer werden können und damit hat sich die große Frage des Klappentextes bereits erledigt. Schade, sehr schade.
Davon abgesehen machen die beiden Autorinnen sehr gut weiter: Sie enthüllen wesentliche Punkte unserer Hauptcharaktere erst Stück für Stück, sodass wir immer wieder feststellen, dass wir sie gar nicht gut kennengelernt haben – und das, obwohl wir durch die unterschiedlichen Perspektiven der Kapitel EIGENTLICH in ihren Köpfen aktiv dabei waren.
In der Tat gibt es aber weitere Stolperstellen und arge Längen. Zu den Stolperstellen gehört beispielsweise, wenn eine in Princeton und Harvard studiert habende Jodi Picoult darüber lästert, dass die meisten Menschen die Unterschiede zwischen einer Biene und eine Wespe nicht kennen würden. Liebe Jodi, reflektiere deine eigenen Privilegien und bedenke, dass dein Buch nicht nur in den USA erscheint. Die Längen finden sich vor allem zirka ab Seite 250 – sie ergeht sich in ewigen Gedankenspielereien, jedes Bisschen der Handlung wird beschrieben, die Rückblicke sind etwas zu umfangreich und nicht jedes Detail der Gerichtsverhandlung muss in realistischer Länge wiedergegeben werden. Es ist einfach zuviel und so gehen die Lesenden dem Buch am Ende doch flöten.
Apropos Ende: Dieses kann mit einer wichtigen Thematik beeindrucken, mit der zunächst niemand rechnen konnte. Damit machen die Autorinnen wieder vieles gut, denn das Thema ist von so großer Wichtigkeit, dass einiges durchaus in den Hintergrund rücken kann. Aber eben nicht alles. Daher leider keine uneingeschränkte Leseempfehlung von der Academicworld-Redaktion.
Jodi Picoult. Wildhonig.
18 Euro. C.Bertelsmann.