London in den Achtziger Jahren – bevor Susan ihr Kunststudium antritt, will sie in London nach ihrem Vater forschen. Ihre Mutter hat sich in all den Jahren ausgeschwiegen, aber zum Glück gibt es da einen alten Freund ihrer Mutter, bei dem sie erst einmal ansetzen kann. Doch kaum schlägt sie dort auf, erlebt sie seine Ermordung und findet heraus, dass er ein Schlürfer und damit ein übernatürliches Wesen ist. Ihre Welt stellt sich völlig auf den Kopf, zumal sie direkt von Merlin einkassiert wird – einer der magischen Buchhändler, die die alte und die moderne Welt im Einklang halten. Zusammen finden sie heraus, dass die Attacke auf Frank nicht von ungefähr kam und alles mit Susan zusammenhängt! Während sie den zunehmend aggressiven Feinden der Buchhändler entkommen müssen, entdeckt Susan ihre Magie, die so alt zu sein scheint, wie das Land selbst …
Der Leseeindruck
Es ist definitiv kein „klassisches“ Teenager-Buch, in dem alles ganz zauberhaft und voller Feenmagie ist. Der Grundtenor lässt sich wohl mit „britisch“ ganz gut beschreiben: vergleichsweise zurückhaltend, Tee-fokussiert und gerade in Sachen Gewalt durchaus sehr ehrlich auf den Punkt gebracht. Ein Hauch Zynik zieht sich durch alle Formulierungen. Dass das Setting in den 80er Jahren spielt, fügt dem ganzen eine herrlich absurde Sichtweise hinzu – und hilft, dann hier ist die Technik offenbar noch nicht so ausgereift wie heute. Das beeinflusst die Handlung ganz enorm, die weniger von Daten und mehr von echten Reisen, Autofahrten und Bewegung geprägt ist.
Die Hauptpersonen geben keine tiefen Einblicke durch schmachtende Blicke oder übertriebenes Teenie-Gehabe. Sie sind ruhiger, gesetzter und das ist vielleicht nicht für jede:n Leser:in das Richtige. Wer bildreiche Sprache gewohnt ist, wird die Charaktere womöglich sogar als flach empfinden. Wer einen eher n nüchternen Stil präferiert, ist hier goldrichtig. Dennoch kommt hier wirklich Spannung an der Materie auf: Welches Magiekonzept wird verwendet? Was hat es mit den ganzen Wesen auf sich? Wie interagieren sie mit unserer Welt? Die Faszination an diesem Buch entsteht also mehr durch das zugrundeliegende Konzept und das Ausgangsproblem, denn das hat es richtig in sich. Der Plotttwist am Ende wird schon vorher angekündigt, damit bleibt das Ende dem Gesamteindruck aus „englische Zurückhaltung“ ziemlich treu.
Die mythischen Elemente hätten durchaus etwas umfangreicher eingebunden werden können, wobei man hier natürlich immer Gefahr läuft, ins Dozieren zu kommen, wenn eine Information just nichts mit der Handlung zu tun hat. Das Tempo wirkt insgesamt schnell, was aber zum einen die Handlung spannend hält und zum anderen realistisch ist. Wer setzt sich schon in den Sessel zum lesen, wenn unbekannte Monster aus einer Parallelwelt hinter einem her sind. Dieser Sinn für Realität dürfte viel öfter in Urban Fantasy-Geschichten Einzug halten. Allein und einzig der Romanzen-Part war dann auch für mich etwas arg seltsam integriert und in dieser Form überflüssig und das 80er Flair hätte man sicherlich bunter einfließen lassen können.
Das Fazit
Wer mit dem beschriebenen Stil kein Problem hat oder ihn sogar bevorzugt, wird exzellent unterhalten.
Die magischen Buchhändler von London. Garth Nix.
penhaligon. 16 Euro.