Obacht, hier handelt es sich um Band 2, wobei man Band 1 unbedingt gelesen haben sollte!
Am Ende von Band 1 schoss ausgerechnet David Bell seiner Skadi in die Brust – dass er sie verraten könnte, damit hätte unsere Diebin nie im Leben gerechnet. Er entpuppt sich indes als Anhänger der White Umbrellas und damit als einer der absoluten Erzfeinde der Red Umbrellas. Beide Gesellschaften behaupten, die jeweils ultimative Lösung für die bösartigen, zutiefst schuldigen Mitglieder unserer Gesellschaft zu haben: Die einen nehmen Rache (= das Leben der Schuldigen) und die anderen bieten eine Chance auf Reue (= wer nicht bereut, wird wahnsinnig).
Doch Skadi überlebt und ist nach wie an Ikaris gebunden, der seine Schülerin wieder auf die Suche nach schuldigem Blut schickt. Ganz herzlos ist der Meister allerdings nicht: Er hilft Skadi, ihren Bruder und dessen Freund vor dem sicheren Tod zu bewahren und gerät so auf den Radar von Ikaris ehemaliger Meisterin, die allererste der gefürchteten Red Umbrellas. Sie ist es, die die White Umbrellas vernichten wollen und so trifft Skadi erneut auf David Bell, der ihr Herz verräterisch höher schlagen lässt …
Der Leseeindruck
Am Ende von Band 1 waren viele Fragen offen und es wurden sogar noch mehr aufgeworfen. Woher kommen die Regenschirme? Wer hat sie kreiert, welches Bewusstsein steckt in ihnen? Was hat er/sie/divers davon, sie auszugeben, wenn bisher nur die Träger von ihnen profitieren?
Das Gute ist: Diese Fragen werden im Wesentlichen alle beantwortet. Das nicht ganz so Tolle ist die Umsetzung, denn die wirkt bisweilen etwas arg konstruiert, einfach ein kleines bisschen zu gewollt. Als gäbe es einen Katalog an gewünschten Fakten aus dem Worldbuilding, den man nüchtern abarbeitet. Das schlägt der Stimmung bisweilen etwas auf den Magen, die nicht mehr ganz so düster ist wie in Band 1. Dort haben wir uns herrlich gegruselt, einen Mord aufgelöst – jetzt wissen wir, woher die weißen Schirme kommen und es entstehen so tiefgründige neue Fragen, die leider nicht angegangen werden. Möglicherweise liegt da am Genre, denn ein Jugendbuch ist naturgemäß kein umfassender, Weltenerschütternder Roman. Will sagen: Dass hier nicht weiter in die Tiefe gegangen wird, ist für ältere Leser:innen durchaus schade, passt aber vielleicht schlicht zur eigentlichen Zielgruppe 😀
Die Rückblenden zu Ikaris offenbaren eine ganz andere Wahrnehmung, als man sie bisher von ihm hatte. Sein Wandel ist nachvollziehbar und macht ihn überraschenderweise sympathisch, sodass wieder eine Parallelgeschichte zu Skadi und David entsteht. Skadi indes bleibt eine ansprechende Mischung aus Verletzlichkeit, Stärke, Sarkasmus und – was sie selbst vermutlich am meisten überraschen würde – Optimismus. Zusammen entsteht eine schöne Charaktermischung, in der eigentlich nur David fehlt, der seltsam blass bleibt.
Das Ende
… stellt grundlegend zufrieden. Gut ist, dass es nicht maximal harmonisch ist, weil manche Grenzen nicht überwunden werden können. Es bleibt auch etwas offen und so kann man sich selbst eigene Vorstellungen zur Geschichte nach der Geschichte machen. Das gefällt sehr gut, denn das ist wieder echt, zur Geschichte selbst passend und nicht für einen Markt geschrieben.
Caroline Brinkmann. Red Umbrella Society.
cbt Verlag. 15 Euro.