Obacht: Band 2 einer Dilogie, deren Teile aber auch unabhängig zu lesen sind.
Ada und Diez treffen in tragischen Umständen aufeinander – im Krankenhaus, das jeweils ein geliebtes Familienmitglied in schweren Situationen pflegt. Sie fühlen sich zueinander hingezogen, aber keiner ist bereit für eine echte Beziehung. Ada kämpft so sehr mit ihren eigenen Dämonen, dass sie nicht so schnell merkt, dass die gemeinsame Zeit für Diez mit ihm tiefere Gefühle ausgelöst hat. Trotz aller Widrigkeiten sehen sie sich immer wieder, bis das, was sie haben, schon fast nichts mehr Gutes ist. Schaffen sie es jeweils, einen wichtigen Schritt in Sachen eigener Heilung zu machen, um endlich offen und ehrlich aufeinander zugehen zu können? Manche Menschen haben schließlich gelernt, im Regen zu tanzen …
Eines vorab: Triggerwarnung ernst nehmen
Die Mental und Physical Health-Themen, die neben der Romance laufen, sind wirklich heavy und können das Lesevergnügen beeinflussen. Wer bei Themen wie Krankenhausaufenthalte, schwere Verläufe, Suizid oder häuslicher Gewalt sensibel reagiert, sollte sich dem Buch mit Bedacht nähern. Dadurch, dass so ziemlich jede darin handelnde Person ihr eigenes Päckchen trägt, wirbeln die Themen immer um uns herum und prägen die Handlung intensiv. Die Triggerwarnungen ernst zu nehmen, wird also empfohlen. Zeitgleich geben genau diese Themen der Handlung eine besondere Tiefe, sodass es eben – Pust-üblich – nicht einfach „nur“ um Romance geht.
Sehr berührende Ausgangssituation
Die Autorin ist keine Unbekannte und hat bereits einige Romance-Bücher bei Knaur veröffentlicht. Sie weiß, wie sie mit ihren Worten die Leser:innen erreicht und in eine emotionale Welt zieht. Die Beziehung zwischen Ada und Diez ist sehr realitätsnah, wenngleich kompliziert und dennoch nachvollziehbar. Selbst wenn die Emotionen auch im negativen ausschlagen, weiß man einfach warum – das macht die zwischenmenschliche Geschichte äußerst nahbar. Verständlich ist, wenn jemand anfänglich mit Ada Schwierigkeiten hat in Sachen Sympathie – das heißt ja aber eigentlich nur, dass der eigene Kompass im Wesentlichen passt. Warum? Insbesondere Ava legt öfters (auch sich selbst gegenüber) toxisches Verhalten an den Tag, was aber immer in entsprechenden Kontext gebettet wird und aktiver Teil der Story ist – es gehört also zum Thema Heilung und Verhaltensmuster ändern, um andere Menschen nicht mehr zu verletzen.
Eine etwas andere Struktur als sonst
Dabei greift sie dieses Mal auf eine „neue“ Erzählweise zurück: Wir lernen die beiden Protas nicht einzeln kennen und erleben, wie sie sich kennenlernen – denn sie kennen sich schon ein paar Monate. Sie haben schon tiefgreifende Erlebnisse miteinander gehabt, bevor es romantisch wurde. Diese Erlebnisse binden sie, trennen sie aber auch voneinander. Parallel springen wir also zwischen der Gegenwart und diesen Erlebnissen hin und her, bis sich uns ein vollständiges Bild bietet.
Mini-kleines Manko: Das angekündigte Feeling der Biker-Szenen war etwas zu flach. Hier wurde mir persönlich zu wenig mit den Sinnen gearbeitet: das Knarzen der Lederkluft, der Geruch, das Gefühl so eingepackt zu sein, Visiere, die klappen könnten. Dafür war der Regen umso präsenter 😀
Das Fazit
Eine tolle Love-Story, die mit Tiefgang und Charakteren zu beeindruck weiß und nicht einfach nur seitenweise Spice aneinanderklettet. Auch einfach mal wieder eine etwas aus dem allgemeinen Rahmen fallende Romance, die nicht mit rosaglitzernden Herzchen herangesegelt kommt, sondern in der wegen der ernsten Themen auch echte Arbeit steckt und Realitätsnähe. Man kann kaputt sein und trotzdem sein Glück finden. Und ich hoffe, ihr habt alle Freunde wie Ada!
Wo der Regen uns berührt. Justine Pust.
15 Euro. Knaur TB.