Ein kleiner Buchladen in Japan, hohe Holzregale mit seltenen Erstausgaben, eine Tasse Tee, zubereitet nach traditioneller Zeremonie: Das ist das Reich von Rintaro und seinem Großvater. Als der alte Herr stirbt, ist der stille Schüler auf sich allein gestellt. Was soll er mit dem Laden anfangen, der schon lange keinen Gewinn mehr abwirft? Was mit sich selbst, mit seinem Leben ohne den Großvater und dessen Ruhe und Lebensweisheit? Rintaro versteckt sich vor der Welt, verkriecht sich zwischen den fast vergessenen Buchschätzen. Auch seine Klassenkameradin Sayo, die sich Sorgen macht, vermag es nicht, ihn aus seinem Schneckenhaus herauszulocken. Bis eines Tages eine Katze im Buchladen auftaucht – eine sprechende Katze, die Rintaro eindringlich um Hilfe bittet: Die Bücher sind in Gefahr – und nur ein wahrer Buchliebhaber wie er, der die Liebe zum gedruckten Wort von seinem Großvater verinnerlicht hat, kann sie retten …
Der Eindruck
Die Geschichte rund um Rintaro, die Katze sowie dem gemeinsamen Nenner, der Leidenschaft zur Literatur hat mich sofort verzaubert. Zusammen bestreiten sie mehrere „Labyrinthe“, in denen sie Bücher vor unterschiedlichen Gefahren retten müssen. Dabei gibt es aber keine Gewalt, sondern der reine Verstand und die Leidenschaft sind die größte Waffe und das einzige Hilfsmittel. Der heldenhafte Protagonist bringt alleine durch seine Liebe zum gedruckten Wort alle Unwahrheiten zum Fall und zeigt auf, was bei der Literatur wirklich zählen sollte. Insgesamt sind die Protagonisten wirklich erfrischend. Neben dem schüchternen, loyalen Rinatro, der sehr tiefgründig ist, haben wir auch das Vergnügen mit Sayo Bekanntschaft zu machen. Sie ist lebensfroh, warmherzig und gleichzeitig der Fels in der Brandung. Eine gute Mischung und wirklich herzerwärmende Charaktere, die man ins Herz schließen muss.
Seite um Seite baut sich eine fantastische Welt auf, die immer bunter, komplexer und interessanter wird. Dabei bleibt aber alles verständlich und die kleinen fiktiven Elemente wirken nicht übertrieben. Die Grenzen zwischen Fantasie und Realität verschwimmen bei dem Roman etwas. Selbstverständlich gibt es in einem Buchladen kein Portal und der Besuch einer sprechenden Katze ist auch nicht alltäglich, doch die Abenteuer, welche Rintaro erlebt sind nicht sehr fern. Mit dem fiktiven Einschlag und einer wirklich schönen Sprache, kann man sich fallen lassen.
Der Schreibstil ist flüssig und nicht zu anstrengend, dazu kommt die komfortable Atmosphäre. Ein großer Pluspunkt! Durch die Kürze – lediglich 190 Seiten – gibt es keine ausschweifenden Erzählungen und es wird sich nur auf das Wesentliche konzentriert. Das ist auf der einen Seite angenehm, man wird aber auch etwas wehmütig, da man gerne etwas länger mit Rintaro und seinen Gefährten unterwegs sein möchte.
Das Buch vermengt Fantasie mit allgemeinen gesellschaftlichen Diskussionsthemen über Bücher und Literatur. Passend zum Bookstagram-Trend lässt das Buch einige Fragen aufkeimen: Verlieren wir bei unserer Leidenschaft für das Lesen das Wesentliche der Literatur etwas aus den Augen? Geht die Gesellschaft ordentlich mit der Literatur um? Als Leser:in kann man so einiges mitnehmen und wird zum nachdenken angestachelt, ob man mit der Literatur vielleicht auch selber etwas bewusster umgehen
Fazit
Ein Roman für Zwischendurch, wenn man in eine andere Welt eintauchen und sich dort wirklich wohlfühlen möchte! Cozy-Reading, dass aber gleichzeitig zum Überdenken eigener Handlungen anregt.
Lisa Albrecht (academicworld.net)
Sosuke Natsukawa. Die Katze, die von Büchern träumte.
C. Bertelsman. 22,00 Euro.