Noemi reist aus Mexico City in eine sehr entlegene Berggegend – dort wohnt seit kurzem ihre Cousine Catalina. Doch obwohl diese frisch vermählt ist und glücklich sein sollte, schrieb sie Noemi kürzlich einen sehr verwirrenden und teils alarmierenden Brief. Irgendetwas stimmt mit ihr nicht, mit ihrem Ehemann erst recht und das Haus, in dem beide samt verschwägerter Familie wohnen … Das lässt sich nicht in Worte fassen. Spukt es? Ist es ein Fluch?
Catalinas seltsame Krankheit scheint jedenfalls keine Tuberkulose zu sein. Noemi will dem Rätsel auf den Grund gehen, doch sie spürt die Kälte und den Abgrund, der alle im Anwesen „High Place“ umgibt. Das Haus ist düster, führt ein Eigenleben und birgt mit Sicherheit mehr als nur ein Geheimnis. Je mehr Zeit Noemi dort verbringt, desto wirrer fühlt sich ihre eigene Gedankenwelt an und es scheint kein Entkommen zu geben, vor allem, als sich die Vorhänge lüften!
Der Leseeindruck
Die Hauptperson ist nicht einfach ein schickes IT-Girl, auch wenn sie sich gerne oberflächlich gibt. Kurz: Man mag sie. Sie geht forsch voran, ist doch ein wenig Opfer ihrer Zeit und versucht einfach, das Richtige zu tun. Sie möchte nicht einfach heiraten und das Leben einer Ehefrau führen, sie will studieren und ein wenig sucht sie auch ein Abenteuer. Das sie serviert bekommt! Zusammen mit ihr schwebt man in völliger Unkenntnis, versucht alles rational zu erklären und geht die Indizien durch, was denn bitte schön auf High Place vor sich geht. Bis der Vorschlaghammer der Autorin die eigene Welt in Trümmer legt.
Für lange Zeit könnte es ein entspanntes Cozy Crime-Lesevergnügen werden, doch dann lässt die Autorin die Katze aus dem Sack und ES VERGEHT EINEM HÖREN UND SEHEN. Wer diese Szenen müde liest, wird schlagartig hellwach und kann das Buch bis zum Ende nicht mehr aus der Hand legen. Schlaflose Nächte und eine Auflösung, die ganz am Ende mal nahe liegt und dann wieder völlig überrascht. zwischendrin schwankt man zwischen Hoffnung, das sie einen Mitstreiter gefunden haben könnte und der Angst, dass diese Person sich als Verräter:in entpuppen könnte.
Der Einstieg ist harmonisch und nett, die Spannung baut sich schnell auf und bleibt auch nach der großen Enthüllung erhalten. Die skizzierten Rätsel sind wirklich nicht vorhersehbar und passen doch sehr gut in das bisher gezeichnete Bild des düsteren, herabgekommenen High Place und seinen Bewohnern. Parallel baut sich eine massive Kritik an den ehemaligen Kolonialnationen auf, die in einem wiederum so seltsamen Kontext gar nicht so massiv ausnimmt. Hat man allerdings schon einmal von den seltsamen Experimenten übernatürlicher Art während der Nazi-Zeit gehört, gibt es irgendwie doch eine reale Basis für diese Gruselgeschichte. Allein das jagt einem Schauer über den Rücken, wenn man nach dem lesen wieder daran denkt.
Du suchst ein Weihnachtsgeschenk für jemanden, der gern mal wieder etwas anderes lesen möchte? Herzlichen Glückwunsch, du hast dein Geschenk gefunden. Nimm dir selbst auch gleich noch eine Ausgabe mit.
Silvia Moreno-Garcia. Der mexikanische Fluch.
Limes Verlag. 22 Euro.