Die südkoreanische Hauptstadt Seoul gilt als Vorreiter für gelebten technologischen Fortschritt. Ein interessanter Ort für innovationsbegeisterte Studierende, um die Uni- und Arbeitsrealität außerhalb Europas kennenzulernen. Eric Babock (Bild) hat diese Möglichkeit ergriffen und konnte spannende Einblicke in den Lebensalltag koreanischer Studierender gewinnen. Am Ende steht eine große Verbundenheit zu der Stadt und den Menschen. Ein Erfahrungsbericht.
Ich habe zunächst meinen Bachelor in Betriebswirtschaftslehre an der University of Applied Sciences in Mainz absolviert. Ein Teil davon war mein Auslandssemester an der ISCTE in Lissabon. Danach habe ich mich entschlossen, mein Profil weiter aufzuwerten und bin deshalb den Schritt gegangen, mich an der European Business School (EBS) für den Master in Management einzuschreiben. Mir war sofort klar, dass ich auch in meinem Master wieder ins Ausland möchte, weshalb ich mich für die internationale Version des Studiums entschied.
Der Start für das Auslandssemester in Seoul
Um teilnehmen zu können am Auslandssemester, gab es an der EBS zunächst ein Ranking-System für Studierende. Dieses basiert auf dem GMAT oder dem EBS-Grad und entscheidet somit über die Wahl des Platzes. Glücklicherweise hatte ich mit meinem GMAT eine gute Position und konnte mir meinen Platz an der Yonsei University sichern.
Nach der Wahl bekamen wir Studierende zunächst alle notwendigen Informationen vom internen International Office, das sehr gute Arbeit leistete und uns bei Fragen immer zu Verfügung stand. Nachdem das Yonsei International Office die Arbeit übernommen hatte, ging es nahtlos weiter, und ich wurde mit allen wichtigen Dokumenten versorgt, die ich für meinen Aufenthalt und mein Visum benötigte, sodass der gesamte Prozess reibungslos verlief.
Auch meine Wohnungssuche verlief problemlos: Ich bekam ein Zimmer in einem Sharehouse in der Nähe der Universität, das ich via Airbnb fand. In diesem Haus lebten etwa 30 internationale und einheimische Studierende, aber auch „Visiting Professors“ der Universität.
Das Studium in Seoul an der Yonsei
Das Studium an der Yonsei University unterscheidet sich sehr vom Studium an der EBS, obwohl das Arbeitspensum mehr oder weniger gleich hoch ist. Allerdings sind die Leistungsnachweise an der Yonsei etwas anders zusammengesetzt. Während wir an der EBS ein Semester lang im Team Unternehmen zu realen Problemen beraten und am Ende unsere Empfehlung in Form einer Präsentation abgeben, musste ich beispielweise im Kurs „Trade and Development in East Asia” eine Einzelpräsentation, ein individuelles 20-seitiges Essay, eine Gruppenpräsentation und ein 30-seitiges Gruppen- Essay abgeben. Letztendlich ist der Aufwand in Stunden sicherlich vergleichbar, der Druck jedoch nicht – dieser ist an der EBS höher.
Auch die Kompetenz der Professoren in meinen Vorlesungen hat mich beeindruckt. Professor Park etwa, Professor des Kurses „Future of Africa”, hat als langjähriger Botschafter in verschiedenen afrikanischen Ländern auch international ein beeindruckendes Renommee.
Generell wurde den Studierenden häufiger gesagt, dass der hohe Arbeitsaufwand nicht von ungefähr kommt. So hörte ich von diversen Professoren Statements wie „Students of an elite university like Yonsei have to achieve more than regular students“, was letztlich den Anspruch noch einmal deutlich macht.
Die südkoreanische Mentalität aus Erics Sicht
Südkorea ist ein „Service-First” geprägtes Land; die Arbeit steht bei den Menschen an erster Stelle. Da durch die längeren Arbeitszeiten weniger Zeit für alltägliche Dinge bleibt, sind Dienstleistungen relativ billig. Das Essen im Restaurant oder die Reinigung von Kleidung erschien mir günstiger als in Deutschland.
Was mir an Seoul besonders gut gefällt, ist die Schnelllebigkeit. Trends werden von den Einwohnern unglaublich schnell aufgegriffen. Dieses Adaptionsverhalten als Ausländer zu beobachten ist tatsächlich sehr interessant. Um ein Beispiel zu geben: Wenn ein Paar Sneaker „angesagt“ ist, hat die Mehrheit der Jugendlichen diesen Schuh innerhalb der nächsten Woche. Wird ein limitierter Soju (Reisschnaps) in Kollaboration mit einer lokalen Fashion-Marke herausgebracht, stehen die Menschen dafür stundenlang Schlange, um den Erwerb später auf sozialen Medien zu teilen.
Außerdem bin ich auch ein großer Fan des Essens und der Art und Weise, wie die Menschen dabei zusammen sind: Man trinkt und isst nicht allein, sondern stets gemeinsam, und das schafft ein besonderes Flair, von dem ich vorher nicht ahnte, wie sehr ich es schätzen würde.
Sicherlich stellt die Sprache eine Hürde für Ausländer dar, aber die Koreaner sind in der Regel sehr offen gegenüber Internationals, sodass man immer einen Weg zur Verständigung findet. Auf andere wirkliche Schwierigkeiten bin ich nicht gestoßen, da das Land strikten Regeln folgt und es demnach für alle Probleme und Situationen eine Guideline gibt. Ein wichtiger Teil eines Auslandssemesters ist es natürlich, neue Leute kennenzulernen. In unserem Sharehouse fand ich schnell Anschluss und einen (mittlerweile wirklich guten) Freund, der mich wiederum mit anderen Leuten bekannt machte.
Eine andere schöne Erfahrung für mich war, Seoul auf eigene Faust zu erkunden. Da ich ein großer Fan von guter Musik bin, entdeckte ich zahlreiche Record Bars, in denen ich schnell mit anderen Musikliebhabern ins Gespräch kam, aus denen sich interessante Bekanntschaften ergaben. Mein Freundes- und Bekanntenkreis wurde mit der Zeit immer größer und es entwickelten sich Kontakte, die ich auch zukünftig halten werde. Auch wenn es Überwindung kostet und es anfangs ein komisches Gefühl ist: Alleine loszuziehen ist immer spannend und kann zu ganz neuen Begegnungen führen.
Ich kann mir vorstellen, in Zukunft hier zu arbeiten. Leider ist es äußerst schwierig, als Expat oder internationaler Student vor Ort einen Job zu finden, da interessante Stellen in der Regel an die lokalen Top-Talente vergeben werden.
Generell: Was bleibt für mich als wichtigste Erfahrung?
Mein wichtigster Tipp wäre Offenheit den Menschen gegenüber, denn der richtige Freundeskreis beeinflusst definitiv den Auslandsaufenthalt. Egal, ob er einen nach Südkorea oder in ein anderes Land führt. Oftmals kostet es Überwindung, aber es lohnt sich, auf die Einheimischen zuzugehen, denn so lernt man das Land, die Kultur und die Bräuche am besten kennen und tappt auch nicht in die typischen „Touristenfallen”, sondern erlebt das authentische Leben vor Ort.
Zu guter Letzt würde ich empfehlen, etwas mehr Geld einzuplanen (wenn es möglich ist), da man während des Auslandssemesters mehr Geld ausgibt als zu Hause. Eine weitere Möglichkeit ist natürlich ein Stipendium, sofern die Studienleistungen und das Engagement stimmen.
Glücklicherweise wurde ich bei meinem Vorhaben von der Jürgen und Daniela Westphal Stiftung unterstützt, wofür ich mich an dieser Stelle noch einmal bedanken möchte, denn so hätte ich all die Aktivitäten und das Auslandssemester selbst nicht durchführen können.
Bei weiteren Fragen stehe ich den high potential-Leser:innen natürlich gerne zur Verfügung, beispielsweise via LinkedIn.