Kirill ist eigentlich ein Spielentwickler, ein verplanter, aber gutaussehender Techie, der leider gerade seine Beziehung getankt hat. Enttäuscht und verletzt kehrt er in seine Wohnung zurück – in der nun eine wirklich seltsame, fast bedrohliche Frau zu leben scheint. Außerdem ist die Wohnung komplett umgebaut und renoviert, sodass Kirill allmählich an seinem Geisteszustand zweifelt. Der Eindruck verstärkt sich noch, weil immer mehr Menschen ihn zu vergessen scheinen – auch wenn er gerade noch mit ihnen gesprochen hat. Seine Arbeit, sein bester Freund, sogar seine Familie, es ist, als hätte es ihn nie gegeben.
Schließlich offenbart ihm die blonde Frau aus „seiner“ Wohnung, was passiert ist: Er wurde als Zöllner ausgewählt, als Weltengänger wohnt er nun in einem (Zoll-)Turm, der das Tor zu vielen verschiedenen Welten ist. Das allein führt ihn zu vielen spannenden Ereignissen – doch dann findet er heraus, dass es eine Welt gibt, hinter der jeder her ist, weil sie angeblich eine exakte Kopie seiner Welt ist – nur zira 35 Jahre in der Zukunft. Ihn interessiert das alles nicht, denn plötzlich steht seine Exfreundin in einer der Türen und Kirill kann gar nicht anders. Er will, nein, er muss sie zurückgewinnen, egal, wie sich auf das seine aktuelle Situation auswirkt …
Die Kritik
Russische Fantasy unterscheidet sich natürlich etwas von dem, was wir aus dem westeuropäischen und amerikanischen Raum gewohnt sind. Insofern darf der Zuschauer sich darauf sozusagen „gefasst machen“, dass der Film etwas unüblich wirkt. Die Grundidee ist leicht eingängig und man erkennt sofort das Potenzial, das dahintersteckt: Viele Welten, ein Knotenpunkt, Handel mit sonderbaren Dingen, viele Abenteuer am Horizont. Dann aber fächert sich alles auf: Russen nehmen sich in der Regel Zeit, um viel zu erzählen, auch wenn es zunächst nicht relevant scheint und es vielleicht auch tatsächlich gar nicht mehr wird. Abgesehen davon, dass einige Geschichten natürlich einfach auch Kirills Umgang mit dem Turm und seine persönliche Reife beeinflussen. Viel konzentriert sich auf die „Werdung“, also den Teil, in dem Kirill erst einmal vom ordinären Mensch zu Zöllner wird.
Daran zu kritisieren ist die scheinbare Zusammenhangslosigkeit, die zwischen manchen Szenen herrscht. Es entsteht der Eindruck, als habe man sehr viel erzählen wollen und nichts auslassen, sodass die Verbindung dahinter bisweilen versteckt bleibt. Dieser stetige Wechsel zwischen ausführlicher Erzählung und reduzierter Darstellung – es kommen beispielsweise immer nur 3 Reisende zwischen den Welten vor – lässt keine Eintönigkeit zu und der Zuschauer schaltet nicht einfach ab.
Zuckersüß sind die Welten, in die Kirill reist, denn diese reichen von einer sonnenbeschienenen Insel bis hin zu einem tief verschneiten Steampunk-Moskau. Eine davon wird allerdings als eine Art Gefängniswelt dargestellt und ist die bei weitem interessanteste: Alles grau, viel Schrott, ekeliges Wetter, es gibt Zwangsarbeiter – und politische Reden, die mit Gewalt unterfüttert werden. Hier versteckt sich keine Kommunismuskritik, hier schmeißen die Macher dem Kommunismus ihre Meinung mit einer kompletten Welt ins Gesicht.
Zusammenfassend: Eine richtig liebenswürdige Darstellung, der man die Liebe zur Geschichte anmerkt, mit der an ihr gearbeitet wurde. Erfrischend!
Bettina Riedel (academicworld.net)
WELTENGÄNGER
Ab dem 7. September als BluRay und DVD im Vertrieb von capelight