Lark Winters größter Traum ist es, Autor*in zu werden. Aber dey erhält eine Agenturabsage nach der anderen. Zu jung, zu queer, zu emotional – niemand will die Relevanz der Geschichte für nichtbinäre Menschen wie Lark erkennen. Er erhofft sich als Twitter-Influencer durch mehr Follower auch die Aufmerksamkeit der Verlage. Als plötzlich ein Tweet von Lark über unerwiderte Liebe viral geht, könnte es Larks Plan in die Karten spielen. Endlich bekommt demm die Aufmerksamkeit, die dey sich die ganze Zeit gewünscht hat. Einziges Problem: Lark hat den Tweet nicht selbst geschrieben! Er stammt eigentlich von Larks ehemals bestem Freund Kasim. Zwischen den beiden herrscht seit einem Jahr dicke Luft. Nun muss sich Lark entscheiden: einen Traum leben, der auf einer Lüge basiert, oder herausfinden, was hinter Kasims Tweet steckt und was mit ihrer Freund*innenschaft passiert ist …
Der Eindruck
Anders als viele andere Bücher gibt es keine stereotypischen Protagonisten – weiß, hübsch und heterosexuell. Wir dürfen Lark, eine Schwarze nonbinäre Person in deren Teenagerleben begleiten. Lark ist ein vielschichtiger und komplexer Charakter. Es wird aufgezeigt, wie oft Jugendliche nur durch ihr Alter abgestempelt werden und man ihnen die Tiefe eines Charakters und ihrer Gefühle abspricht, nur durch den Fakt, dass sie eben noch keine Erwachsenen sind. Das Buch bietet dabei vielschichtige Charaktere, verdeutlicht aber auch den vorherrschenden Adultismus und die mentalen Auswirkungen auf Jugendliche.
Aber nicht nur Lark ist besonders. Viele Charaktere sind nonbinär oder auch transsexuell. Daraus wird aber kein großes Ding gemacht. Die Pronomen dey/demm werden so selbstverständlich verwendet wie sie/ihr und er/ihm. Das stört den Lesefluss – wie ich zu Anfang etwas befürchtet habe – keineswegs. Ganz im Gegenteil. Es war beeindruckend, wie gut eine gendergerechte Sprache auch in die Literatur eingeflochten werden kann, wenn man es geschickt und ohne großes Aufheben macht.
Hilfreich dabei waren auch die kleinen Steckbriefe, welche angeführt wurden, wenn ein neuer Charakter in die Story kommt. Kurz und knapp die wichtigsten Infos sowie die Pronomen. Wie es im echten Leben auch sein sollte.
Alle Charaktere waren sehr gut ausgearbeitet und man konnte sich sehr gut in sie hineinversetzen. Gerade da die Personen Ecken und Kanten haben, die die heutige Jugend einfach widerspiegeln. Dazu kommt, dass auch der*die Protagonist*in Lark nicht unfehlbar ist und die Konsequenzen für deren Handeln spüren muss, um daraus zu lernen. Das gibt die nötige Authenzität auch in der komplexen Liebesgeschichte rund um Lark und Kasim.
Wichtig zu wissen ist, dass Gefühle und eine komplexe Gedankenwelt eine große Thematik einnehmen. Das kann an manchen Stellen etwas viel werden, da Lark gerne mal durch deren etwas eigensinnige Art anstrengend sein kann. Für die allgemeine Message des Buches ist es aber allemal wichtig. Denn jede*r darf und soll so sein wie er/sie/dey ist. Jede*r darf lieben wen er/sie/dey will. Und auch die Selbstliebe soll für jedes Individuum wichtig sein.
Das Buch behandelt zweifellos sehr wichtige und aktuelle Themen wie beispielsweise Diskriminierung, Rassismus, Depressionen und (Cyber-)Mobbing. Das sind alles harte Brocken, die alleine viel Platz einnehmen, um ordentlich behandelt werden zu können. Das fällt an manchen Stellen auf, denn einige wichtige Themen bekommen zu wenig Aufmerksamkeit und können in der Story nicht ganz wirken. Das ist etwas schade, da die Punkte viel mehr Beachtung verdient haben. Trotzdem werden Lesende dazu angeregt, über den Umgang mit diesen Themen zu reflektieren.
Fazit
„How do I tell them I love them“ ist kein einfacher Liebesroman. Die Geschichte und Charaktere haben viel Tiefgang. Die Story kann Inhalte umfassen, die manchen Personen nicht zusprechen. Entsprechend ist es wichtig, dass man sich auf die Thematik einlässt und vielleicht auch Interesse mitbringt, um beim Lesen Freude zu haben. Ich hatte damit kein Problem und somit viel Freude daran, Lark in deren Entwicklung zuzusehen.
Und mein kleines Highlight ist Birdie, ein*e nicht binäre*r fiktiv*e Begleiter*in von Lark, welche*r viel Sarkasmus mitbringt und herzerwärmende und zum Schmunzeln einladende Momente mitbringt.
Lisa Albrecht (academicworld.net)
Kacen Callender. How do I tell them I love them?.
LYX. 18,00 Euro.