Auf der Intensivstation einer Hamburger Klinik ist ein Todesengel unterwegs. Auf unerklärliche Weise sterben immer wieder eine große Zahl an Patient:innen, die eigentlich noch nicht sterben sollten. Auch der junge Familienvater Malte Ostersetzer, welcher nach einem Fahrradunfall aus dem Koma erwacht ist, verstirbt urplötzlich. Seine Ehefrau glaubt nicht an den einen unglücklichen Zufall oder einen Behandlungsfehler, sondern an einen eiskalten Mord. Zusammen mit Maltes besten Freund, einem bekannten Rechtsanwalt, geht die junge Witwe mit ihrem Verdacht zur Polizei. Trotz Unstimmigkeiten und keinen klaren Anhaltspunkten, dass der Familienvater wirklich ermordet wurde, beginnen Franka Erdmann und Alpay Eloglu mit ihren Ermittlungen. Ohne es zu wissen beginnen sie die Mordserie des Todesengels aufzudecken, doch sie müssen schnell sein, denn der Todesengel wird bald wieder zuschlagen…
Der Leseeindruck
„Die Klinik“ ist Band 2, jedoch kann der Band völlig problemlos unabhängig von Band 1 gelesen werden. Gleich zu Anfang packt einen die etwas morbide Story, denn wir Leser:innen wissen im Gegensatz zum Ermittlerteam von Seite 1 weg, dass eine Frau die obsessive Überzeugung hat, Patient:innen auf der Intensivstation von ihrem Leid zu erlösen. Sterbehilfe ohne Einwilligung. Morbide und faszinierend. Obwohl es sich dabei eindeutig um Mord handelt, sind die Beweggründe der Pflegekraft teilweise nachvollziehbar. Das liegt daran, dass die Vergangenheit der mordenden Pflegekraft bewegend geschildert wird, somit war das sehr gewöhnungsbedürftige Motiv trotzdem verständlich.
Die wechselnden Perspektiven vom Todesengel, der Witwe und dem Ermittlerduo sorgen für interessante Einblicke und anhaltende Spannung. Die verschiedenen, ereignisreichen Handlungsstränge halten das Tempo hoch und bringen viele Plottwists, die einen regelrecht fesseln.
Es wird bewusst mit der Angst gespielt, dass man als Patient:in dem Gesundheitssystem manchmal hilflos ausgeliefert sein kann. Dabei bleibt alles sehr authentisch: Die Charakterisierung der einzelnen Figuren und der Plot vermitteln den Eindruck, dass in einer Klinik ein Todesengel sein Unwesen treiben könnte. Insbesondere der Alltag auf der Intensivstation wird uns Leser:innen plastisch vermittelt. Themen wie Mobbing, chronische Arbeitsüberlastung, Konkurrenzdenken unter Kolleg:innen und die Ökonomisierung der Medizin finden sich in der Story wieder und geben dem Thriller den finalen, authentischen Schliff mit all den bequemen Wahrheiten über unser Gesundheitswesen.
Die Ermittlungen von Franka Erdmann und Alpay Eloglu sind fesselnd gestaltet. Vor allem die Ungewissheit, ob es wirklich Mord ist oder doch nur ein Behandlungsfehler erschweren die Ermittlungen sehr. Das Motiv ist somit kaum erkennbar und jede:r könnte als potenzielle:r Mörder:in in Betracht kommen. Zudem wird es für einen der beiden auch persönlich – das steigert den Nervenkitzel gleich noch etwas mehr. Die beiden LKA-Beamten Franka und Alpay wachsen immer mehr als Zweierteam zusammen und nähern sich mit sehr viel Geschick dem Ermittlungserfolg und dem Mörder. Die Handlung ist dabei stimmig und die Lösung nachvollziehbar. Was aber sehr schade ist: Das Ende war schon im letzten Drittel absehbar und hat das große Finale etwas gedämpft. Nach einem tollen Start und einem fesselnden Mittelteil ging dem Thriller zum Ende hin etwas die Luft aus. Schade, aber kein großer Minuspunkt. Ich bin gespannt auf Band 3.
Lisa Albrecht (academicworld.net)
Hubertus Borck. Die Klinik.
rowohlt. 12,00 Euro.