Zwei Waisenkinder nach dem zweiten Weltkrieg wollen gar nicht so viel von dem Leben für sich beanspruchen, so lange sie nur sich selbst haben. Doch das Mädchen fällt eines Nachts in ein unerklärliches Koma. Von einer armen, alten Bettlerin erfährt Michel, dass er ein Herz aus 9 Sternen anfertigen muss, wobei ein Stern pro Art der Liebe aus Stoff ausgeschnitten werden muss … und schon bald laufen in dem kleinen Städtchen Menschen mit sternförmigen Löchern in Pullis & Co durch den Tag und suchen den Täter. Michel hat aber nur neun Tage Zeit und als krönenden, fast magischen Clou braucht er noch eine geheime Zutat, die dem verstofflichten Herz erst seine heilende Macht verleiht, um das Mädchen zu retten.
Zauberhafte Geschichte über die Formen der Liebe
Die gewählte Geschichte ist inhaltlich so einfach wie aussagekräftig gestaltet: Es geht darum, mit jedem Stern aus Stoff der Liebe eine physische Existenz in unserem Leben zu verschaffen. Zusammen ergeben sie ein magisches Herz, das sogar eine Koma-Patientin wieder erwecken kann. Das passt hervorragend in jedes Leben dieser Realität, denn auch wenn man noch nicht jede Form persönlich kennengelernt hat, liegt auf der Hand, dass es sie gibt. Man kann sich die Formen der Liebe durchaus einmal durch den Kopf gehen lassen – habe ich diese Form in der Vergangenheit genügend beachtet? Braucht es immer riesige romantische Gesten?
Ohne jetzt in eine von Abi-Aufgaben inspirierte Interpretation des kleinen Büchleins abzudriften: Jede Form der Liebe, eine pro kurzem Kapitel, gibt außerdem den Hinweis auf Einzelschicksale, die hinter den Formen der Liebe stecken, die in sehr kurzer, prägnanter Form angesprochen werden. Es gibt also Emotionalität und sanfte, teils traurige Momente, aber sehr wenig Pathos. Zeitgleich findet sich der eine oder andere Hinweis darauf, was sich hinter vermeintlich seltsamen Verhalten von Mitmenschen verbergen kann. So wirken die einzelnen Kapitel sensibilisierend und doch in sich zartbesaitet, denn am Ende geht es um zwei junge Menschen, die einander in aller Unschuld zugetan sind.
Klug, ohne Besserwissertum
Das Buch erinnert ein wenig an den kleinen Prinz, was als Kompliment gemeint ist. Dessen Erzählung fasziniert seit so vielen Jahren Millionen von Leser:innen, doch aufgrund seiner Kürze fällt es schwer, ähnliche Geschichten zu finden, die den gleichen Wow-Effekt auslösen. In Sachen „zauberhaft“ und „klug, aber unaufdringlich“ kommen sich die beiden Bücher auf jeden Fall gleich. Ihre Weisheit ist unaufdringlich, doch persistent, kommt ohne Moralkeule an und nistet sich gerade deswegen langfristig in den Gedanken ein.
Das Cover
… ist so schön, dass es einen eigenen Absatz bekommen muss, wenngleich er etwas kürzer ausfallen wird. Lädt zum Träumen ein, wundervolle Farbkomposition, entführt in das eigene Wunderland, regt die Fantasie an und wirkt zeitgleich super beruhigend und doch wieder verspielt. Ausdrucksstark und wunderschön.
Zum vermeintlich schnelle Durchlesen am regnerischen Nachmittag und zum eine ganze Weile darüber nachdenken hinterher allerbestens geeignet.
Francesc Miralles, Alex Rovira. Der Sternenfänger.
Diederichs Verlag. 12 Euro.