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    Adel schützt vor Torheit nicht

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    By Bettina Riedel on 18. Dezember 2018 Rezension

    Russland im 19. Jahrhundert: Fedja, wie er von seiner Familie genannt wird, durchläuft eine harte Erziehung – er wird gedrillt, zum „klassischen Mann“ ausgebildet und emotional vernachlässigt. Die erste Frau, die ihm gefällt, umwirbt er und nimmt Warwara schließlich auch zur Frau. Sie leben, wie es ihnen gefällt – und ihr gefällt es, sich in Paris eine Affaire zuzulegen. Voller Enttäuschung verlässt er sie und kehrt nach Russland zurück, um sich und sein Leben zu sortieren. Dort trifft er als gewandelter Mensch ein, geprägt durch die Erfahrungen im Ausland – noch dazu war er ja im Westen unterwegs, dem großen Gegensatz zu Russland. Während er seinen Neustart im Leben vorbereitet, trifft er auf seine junge Cousine, Lisa. Die junge Frau gleicht einer Verheißung – sie ist unschuldig, frei und ein unbeschriebenes Blatt. Ideal für eine zweite Liebe, doch alas, das Schicksal hat vielleicht doch ganz eigene Pläne …

    Die Kritik

    Über die zugrundeliegenden Motive gibt es gar keine Zweifel: Ein älterer, offiziell noch verheirateter Mann liebt eine deutlich jüngere Dame – sie ist unschuldig, unerfahren, verspricht einen „sauberen“ Neustart. Sie ist ein dermaßen unbeschriebenes Blatt, dass sie gar nicht richtig weiß, worauf sie sich da einlassen würde – und zieht am Ende eine geradezu antik anmutende Notbremse.

    Gleichzeitig steht der Mann in Frage für den Wandel: Er hat viele Jahre im Ausland verbracht und kehrt reich an Erfahrungen heim. Er unterscheidet sich dadurch von den „daheimgebliebenen Schafen“, muss sich in alte Strukturen einfinden und möchte dies doch gar nicht. Also wendet er sich ab von der trubeligen Hauptstadt und zieht auf eines seiner Landgüter – das am stärksten Verwahrloste natürlich. Er richtet es ein wenig her, bis es wieder bewohnbar ist – fast so wie er, der eben nur fast wieder in die Gesellschaft passt. Doch für den echten Neustart braucht er einen gewissen Anteil an der Gesellschaft und will diese in Form seiner Cousine Lisa gefunden haben.

    Insofern ist „Das Adelsgut“ keine ganz klassische Romanze, die von sanft erblühenden Gefühlen, ganz viel Herzchen-Gesten oder schmalzigen Äußerungen getragen wäre. Zwar habe ich persönlich keinen Vergleich zu den vorherigen Übersetzungen angestellt, doch an der Gestaltung der romantischen Handlungsgrundlage dürfte die Neuübersetzung wenig geändert haben. Der Großteil der Romanze entfaltet sich außerdem am Ende, wenn die Charaktere umeinandertänzeln wie Motten um das Licht der Anti-Motten-Lampe.

    Bei der Entwicklung der Charaktere lässt Turgenjew sich Zeit. Das erste Drittel der Erzählung stellt fast ausschließlich die Hintergründe und das soziale Umfeld vor, in dem die beiden Hauptpersonen sich letztlich bewegen werden. Damit begründet er natürlich den Fortgang der Geschichte – der Mensch ist quasi das Produkt seines Umfelds. Selbst mit den besten Absichten kommt man eben an seine Grenzen, wenn man zuvor eine nicht einwandfreie Jugend verbracht hat. Wer also ist wirklich Schuld daran, dass die Geschichte den ihr eigenen Gang geht? Darüber muss sich der Leser selbst klar werden.

    Das Bild, das Turgenjew von Russland zeichnet, lässt tief blicken. Die Patrioten skizziert er als einen grölenden Haufen, der mehr Richtung Nationalismus tendiert und die Suche nach einer eigenen Identität mit einer Verzweiflung betreibt, die keinen Raum für ernsthafte Betrachtungen lässt. Europa dagegen wird als schillernder Gegenpol dargestellt, der ständig in Bewegung ist und von dem lässigen Selbstbewusstsein strotzt, nach dem die schwerfälligen Russen so verzweifelt streben. Doch nur, weil man in Adel hineingeboren wird, ist man noch langer kein guter Mensch oder hat mehr Ahnung vom Leben als das Bauer auf den eigenen Feldern …

    Bettina Riedel (academicworld.net)

    Iwan Turgenjew. Das Adelsgut.
    Manesse. 25,00 Euro.

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