Nachdem man bei den Agents of S.H.I.E.L.D. schon so einiges an „übernatürlichen“ Kräften sowie Aliens gewohnt ist, beginnt diese Staffel mit einer teuflischen Begegnung und damit zwangsläufig der Auseinandersetzung mit Gott. Mac bringt es ganz treffend auf den Punkt: Glaubt man an den eine, dann automatisch an das Gegenteil. Dennoch bleibt die Frage nach der Herkunft des Ghost Riders in dieser Staffel vergleichsweise unbeantwortet, wenngleich es genügend Aussagen à la „He doesn’t want to be dragged down“ gibt.
Fakt ist jedoch: Der Ghost Rider stellt eine ganz schöne Herausforderung dar, nicht zuletzt, weil Daisy als Quake die Straßen verschiedener Städte unsicher macht und vor ihren Freunden in S.H.I.E.L.D. wegrennt – und ausgerechnet mit dem Ghost Rider eine seltsame Freundschaft schließt.
Derweil beobachtet die Öffentlichkeit das bunte Treiben der agency mit wachsendem Argwohn. Der wächst immer stärker und kulminiert quasi in einer künstlichen Welt, die von AIDA, einem Life Model Decay (extrem lebensnaher Roboter) erbaut wird. Aus fehlgestalteten Leitsätzen kommt die Künstliche Intelligenz zu dem Schluss, dass man Menschen nur schützen könne, indem man sie vor ihrem größten Bedauern befreit. Damit haben die dort gefangenen Agents of S.H.I.E.L.D. aber wieder das Problem, dass ihnen die Realität über den Kopf wächst …
Inhaltlich bietet diese Staffel wirklich viel Komplexität. Der Anfang verläuft etwas schleppend, weil sich der Plott in Altbekanntem verfangen hat. Es braucht AIDA, die KI, um das Ganze zum Laufen zu bringen. Bis dahin hält der Humor mit Mac und seiner Freundin Jojo den Zuschauer bei Laune, während gerade Daisy anfangs relativ anstrengend wirkt und Coulsens Figur als überholtes Vater-Konzept in Frage gestellt werden muss.
Aber wozu hat man eine KI, wenn die nicht alles herrlich auf den Kopf stellen kann und Schwung ins schrottige Leben eines Agents of S.H.I.E.L.D.? Da darf dann sogar eine kurze Hydra-Fantasie ans Tageslicht kommen. Wer mit Klassikern wie Isaac Asimov vertraut ist, kennt natürlich die Situation, dass eine überschaubare Zahl von simpel gefassten Gesetzen verfasst wird, die Robotern als de facto moralische Leitsätze dienen sollen. So auch bei AIDA, die damit natürlich in Konflikte gerät. Als sie diese Konflikte nicht mehr einzeln lösen kann, braucht sie einen Ausbruch aus ihren Regeln – sie muss eine Art Menschwerdung anstreben. Darin verstecken sich unglaublich viele Themen: Welche Bedeutung hat Bedauern in unserem Entscheidungsprozess? Kann man einfach einen Teil unserer Erinnerung entfernen und Menschen so glücklich machen? Braucht es wirklich die Realität oder reicht für das wahre Glück nicht auch eine Illusion? Ist illusorisches Leben, das real wirkt, eine Form von Unsterblichkeit?
Diese zweite Hälfte der 22 Folgen langen Staffel ist sensationell und sollte mit Bedacht geschaut werden, von Bingen rate ich definitiv ab. Zudem diese Themen immer mehr unserer eigenen Lebenssituation entsprechen werden, auch wenn das in erster Instanz wie Zukunftsspinnerei klingt. Warum sonst würde ein Konzern wie Facebook ein Start-up kaufen, dessen Geschäftszweck es ist, menschliche Gedanken via eines Armbands in Computerbefehle zu transformieren, sodass Gesten, Tastaturen und Bildschirmbedienung redundant werden? Bleibt irgendwie nur zu hoffen, dass dann auch Figuren wie Thor auftauchen könnten 😉
Bettina Riedel (academicworld.net)
AGENTS OF S.H.I.E.L.D. – Staffel 4
22 Episoden
Ab dem 26. September im Vertrieb von abc studios/ Disney/ Marvel im Handel fürs Heimkino in den üblichen Formaten erhältlich.
Alle Bilder: © 2016 American Broadcasting Companies, Inc. All rights reserved. // © 2019 Marvel & ABC Studios