Band 1 von 3
Persephone ist die Göttin des Frühlings und Tochter der Göttin Demeter. In New Greece kennt sie trotzdem niemand, den ihre Mutter hat ihre Existenz so geheim wie möglich gehalten. Doch das bedeutet auch, dass Persephone in einem goldenen Käfig lebt, aus dem sie gerne ausbrechen würde. Im Moment studiert sie entgegen der Wünsche Demeters Journalismus und steigt als Praktikantin bei den New Athen News ein, abends streift sie mit ihrer besten Freundin durch die Stadt.
Eines Abends landet sie in einem Club, der dem legendären Gott Hades gehört – seines Zeichens nach Gott der Unterwelt, verrufen bis ins Letzte und wirklich kein Gott, dessen Aufmerksamkeit gut für Persephone wäre. So zumindest der Plan, doch dann kreuzen sich ihre Blicke und Magie liegt in der Luft … Hades lädt sie zu einer Wette ein: Persephone muss in der Unterwelt Leben erschaffen oder für immer dort unten bleiben. Was Hades nicht weiß: Unsere Göttin des Frühlings verfügt über keine eigene Magie und alle Blumen, die sie berührt, verdorren …
Der Leseeindruck
Es beginnt ganz positiv und mit Neugier: Denn die griechischen Götter sind vom Himmel herabgestiegen und haben sich ein neues Reich aufgebaut – inklusive Verschiebung von Landmassen. Somit ist man als Leser:in ziemlich gespannt, wie viel man vom Geschichtsunterricht noch parat hat, wie die Autorin die berühmten Gestalten umdichtet und in ihre Idee einbindet. Persephone ist eine von Anfang an sympathische Protagonistin, die uns Sterblichen genug ähnelt, um eine gewisse Nähe zu ihr herzustellen. Klug gewählt von der Autorin, denn Hades, Aphrodite und Co sind Millionen Jahre alt (sagt sie) und sind psychologisch einfach nicht auf dem Stand von Teenagern oder Tweens. Macht die Handlung komplexer und spannender – besser könnte der Auftakt nicht laufen.
Natürlich wissen wir auch, dass ein gewisser Hades die Bühne betreten soll und dass Funken sprühen. Das passiert natürlich auch, wobei hier sexuelle Spannung und auch Sex in der Handlung weit vor den Gefühlen stehen. Trotzdem rutscht die Handlung und damit bspw. die Entwicklung Persephones nicht zu sehr in den Hintergrund. Fragen indes stellt man sich einige, wobei diese auch in den Folgebänden aufgeklärt werden könnten: Warum bringt Persephone Blumen und Gras zum verdorren, aber hat keine Auswirkungen auf Menschen oder andere Lebewesen? Das ist vielleicht etwas kleinlich, doch leider kommen ab hier weitere Kritikpunkte, die nicht mit einem Schulterzucken abzutun sind.
Insgesamt bemüht sich die Autorin durchaus um Consent und wenig toxisches Verhalten, was ich ihr wirklich zugute halte. Gerade bei so uralten Charakteren wie Hades schleicht sich einiges ein, was dann auch zum uralten Charakter eines Gottes aus einer patriarchalen Zeit passt. Dennoch gibt es die eine oder andere fragwürdige Szene, die nicht in Kontext gesetzt wird. Versprochen wird auf dem Klappentext eine Romance, denn es geht dort fraglos um das Herz Persephones. Was aber kommt, sind massenweise Sexszenen, die in ihrer Existenz nicht bezweifelt werden sollen, aber in der Art und Weise, wie sie dargestellt werden.
Let’s talk about sex (Spoilermöglichkeiten und TRIGGERWARNUNG – es wird explizit)
Beispielsweise Verhütung – das Thema wird nicht angeschnitten, existiert einfach nicht. Dennoch haben Hades und Persephone Sex miteinander und sie fragt sich zu keinem Zeitpunkt, ob das so alles richtig gehandhabt wird, sie etwas ansprechen sollte – und auch Hades verschwendet offenbar keinen Gedanken daran. Hauptsache, er stößt ganz heftig in sie, kommt gewaltig und hinterher wird keine Sekunde auf Persephone verschwendet. Außer von der Göttin Hekate, die es wortwörtlich anspricht – und damit endet das Kapitel. Da steht also eine andere Göttin vor Persephone, sagt ihr, sie könnte schwanger sein, es gab und gibt weiterhin reichlich ungeschützten Sex und die Protagonistin reagiert mit keinem Gedanken, keiner Handlung, keinem Satz? Wow. Besonders bedenklich finde ich das, weil Protagonisten gerade für das jüngere Publikum eine Art Vorbildrolle übernehmen, respektive als Idol gelten können. Hier trifft also wirklich schlecht erklärtes Sexualleben auf beeinflussbare Jugendliche (Leseempfehlung ab 16), die noch dazu mittlerweile in vielen Staaten der USA nicht abtreiben dürfen. Das macht mich schlichtweg wütend. Dass die beiden wichtigen Frauenrollen in Beziehungen sich dann noch zwischen Hure (Minthe) und Heilige (Persephone) aufteilen, setzt dem Ganzen ein Krönchen auf.
Der zweite, wirklich auffällige Part am Sexleben der beiden Protas ist der Ausdruck „Hades richtete seine Erscheinung“. Na klar, weil nur der Mann am Ende des Quickies im Auto etwas derangiert ist. Da der Sex permanent ungeschützt abläuft, müsste unsere liebe Persephone auslaufen und dringenden Reinigungsbedarf haben, am besten unter fließendem Wasser. Aber nein, sie zieht nur ihren Rock runter (aha) und geht frohgemut in ein Restaurant (aha!). Dagegen geht völlig unter, dass Persephone diesen Sex unbedingt will, was man im Gegenzug als starke Frauenrolle deuten könnte – denn sie hält ihm entgegen, setzt sich durch und wird nicht als kleines, empfindsames Mäuschen geschrieben. Das an sich wäre super, wäre der bereits beschriebene Rest nicht. Dazu kommen leider noch moralisierende Grundaussagen dazu, dass es nur einen besonderen Mann gibt, mit dem man Sex haben darf – der erste sollte auch der einzige bleiben, damit es doch schön gesellschaftlich clean bleibt bei den expliziten Szenen? Es erschließt sich mir nicht ganz.
Satz mit x, meine Freunde des gedruckten Wortes. Dieses Ende ruinierte mir persönlich das gesamte Buch.
Bettina Riedel (academicworld.net)
A Touch of Darkness. Scarlett St. Clair.
14,99 Euro. LYX.