Wer im Berufsleben steht, kommt um wichtige Businessgespräche nicht herum. Doch was ist, wenn sich Gesprächspartner ‚einfach nicht grün sind‘? Erfolgreiche Kommunikation beruht auf vielen Faktoren, die man zum Teil durch „Mind Hacking“ beeinflussen kann. So propagiert das zumindest Norman Alexander, Autor des gleichnamigen Buchs. Doch was steckt dahinter und ist es tatsächlich die Lösung?
Das Gespräch führte Bettina Riedel.
Herr Alexander, Sie sind schon sehr früh als Mentalist auf der Bühne gestanden. Wie kam es denn zu dieser zeitigen Entwicklung?
Ich habe mich schon immer für dieses Thema interessiert, doch der wichtigste Einfluss war meine Urgroßmutter. Sie hat Karten gelegt und gekonnt den Eindruck erweckt, dass sie in die Gedanken der Menschen hinein blicken kann. Als ich mich näher damit befasst habe, fand ich heraus, dass sie eigentlich nur eine gute Beobachterin und Menschenkennerin war. Es hatte nichts mit übersinnlichen Fähigkeiten zu tun.
Das heißt also, es ist erlernbar?
Genau. Ich habe viele Bücher zu dem Thema gelesen und mit Mentalisten gearbeitet. Seit meinem 16. Lebensjahr stehe ich schließlich auf der Bühne und habe bis zum Studium dann auch erste Shows gegeben. Während ich an der Universität BWL mit Schwerpunkt Management studiert habe, hat sich schnell gezeigt, dass sich verschiedene Techniken von Quasi-Gedankenlesern auch in anderen Gesprächen einsetzen lassen.
Zu solchen Gelegenheiten zählen auch Vorstellungsgespräche. Was würden Sie hier unseren Lesern empfehlen?
Das oberste Gebot ist die umfassende Informationsbeschaffung. Das gilt insbesondere dann, wenn man die Namen seiner Gesprächspartner bereits weiß oder klar ist, welche Art von Gespräch ansteht. Da die meisten Unternehmen eine Website haben, ist das in der Regel nicht kompliziert. Kennt man den Namen der Person, dann werden auch soziale Netzwerke wie Xing weiter helfen. Mit diesen Informationen kann man in einem Gespräch besser auf sein Gegenüber eingehen und persönliche Gemeinsamkeiten herstellen. Je wichtiger ein Gespräch ist, umso mehr Zeit sollte man auch in die Vorbereitung investieren.
Ergänzend schlage ich „beobachten und schlussfolgern“ vor. Denn dabei geht es darum, dass wir sowohl unser Gegenüber als auch die ganze Situation beobachten. Noch während der Unterhaltung muss man sich überlegen, welche Gedanken oder auch Fragen dem Gegenüber durch den Kopf gehen könnten. Denn dann können genau diese Dinge einfach angesprochen oder potenzieller Kritik am Lebenslauf Wind aus den Segeln genommen werden.
Wie unterscheiden Sie sich eigentlich von anderen Mentalisten?
Es lässt sich allgemein unterteilen: Die einen arbeiten hauptsächlich mit Tricks und zählen sich eher zu den Unterhaltungskünstlern. Das beinhaltet auch Schummeleffekte auf der Bühne, die allerdings nur in diesem Showrahmen funktionieren. Auf der anderen Seite geht es bei mir darum, dass ich Techniken herausgefiltert habe, die man tatsächlich in der alltäglichen Praxis nutzen kann. Mind Hacking als Gesamtstrategie zielt darauf ab, eine positive Beziehung aufzubauen, den Gesprächspartner zu öffnen und mehr über seine Gedankenwelt an sich zu erfahren.
Der Grundtenor der Strategie ist demnach „Gleich und gleich gesellt sich gern.“ Wie viel ist da wirklich dran?
Sehr viel. Wir möchten alle gerne mit Menschen zusammen sein, die uns ähnlich sind und unsere Interessen teilen. Sich gleichende Menschen neigen dazu, einander zu mögen und so können sie dann auch eine vertrauensvolle Beziehung aufbauen. Wenn sich Personen sehr voneinander verscheiden, werden sie sich eher misstrauen.
Es gibt auch ein anderes Sprichwort, das genau das Gegenteil aussagt: „Gegensätze ziehen sich an“. Die beiden Sprichworte sind komplett verschieden, trotzdem steckt auch hier ein Funken Wahrheit dahinter. Wenn Menschen zu viele Gemeinsamkeiten miteinander haben, dann kann ja so ein kleiner Unterschied auch einen gewissen Reiz ausmachen.
Grundsätzlich gilt, desto mehr man einander gemein hat, umso einfacher ist es, eine Beziehung aufzubauen und zu überzeugen. Das ist es auch, worum es beim Mind Hacking geht – dass man es schafft, die Gedanken des Gegenübers zu verstehen, sie auszusprechen und dadurch sehr wirksame Gemeinsamkeiten zu schaffen.
Sollte man darauf achten, mit dem Mind Hacking nicht zu übertreiben?
Ja, darauf sollte man definitiv achten. Natürlich kann man Mind Hacking nur kurzfristig und ganz gezielt einsetzen, beispielsweise bei einer Gehaltsverhandlung. Bei einer langfristigen Geschäftsbeziehung sieht das allerdings anders aus. Ich glaube, dass die Grenze nach dem erfolgreich aufgebauten Vertrauen liegt. Hier bin ich ja schon an einem sehr guten Punkt. Anschließend muss man abwarten, wie sich die Beziehung entwickelt. Es gibt natürlich keine Pauschalregel, wie viele Techniken erlaubt sind.
In Ihrem Buch beschreiben Sie den Barnum-Effekt. Ist er das Grundwerkzeug für Mind Hacker?
Beim Barnum-Effekt geht es grundsätzlich darum, möglichst allgemeine Aussagen als spezielle Charakteristik unserer Persönlichkeit zu akzeptieren. Das nutzt man zum Beispiel bei der Technik der universellen Aussagen. Es gibt eine Vielzahl an Fakten, die auf den Großteil der Menschen zutreffen, da wir im Laufe unseres Lebens ähnliche Erfahrungen machen. Man kann diese universellen Aussagen auch noch etwas spezifischer gestalten, indem man zum Beispiel nach Alter noch einmal unterscheidet. Generell kommt es beim Mind Hacking aber darauf an, dass man die verschiedenen Techniken flexibel miteinander kombiniert. Welche man genau anwendet, ist immer abhängig von der Gesprächssituation und auch davon, ob man damit spielerisch umgehen kann.
Treffen sich zwei Mind Hacker …
Wenn das Gegenüber die Techniken auch anwendet, wird sich unbewusst eine positive Gesprächssituation einstellen. Beide haben dann bereits eine gute Grundeinstellung für das Gespräch. Das ist die beste Voraussetzung für ein schlüssiges Gespräch und eine erfolgreiche Geschäftsbeziehung.
Der Aufbau dieser Beziehung funktioniert auch, wenn beide Mind Hacking betreiben und vollkommen verschiedene Meinungen vertreten werden. Durch die Techniken wird eine gute Beziehung entstehen und dadurch, dass beide mehr aufeinander eingehen, ein für beide akzeptabler Kompromiss gefunden.
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Unsere Rezension zum Buch „Mind Hacking“ könnt ihr hier nachlesen.
Erhältlich im Econ Verlag, Preis: 18 €, Hardcover.
Weitere Informationen zum Buch und natürlich auch zur Person von Norman Alexander findet ihr auf www.norman-alexander.com.
Interview von Bettina Riedel