Basierend auf dem CHE-Ranking 2024, welches sich in diesem Jahr vor allem auf die Studiengänge Biologie/Biowissenschaften, Informatik, Mathematik, Medizin, Pflegewissenschaft und Physik konzentriert hat, erzielte die Universität zu Lübeck Bestnoten. Dies ist nicht das erste Mal, dass die Universität in diesen Disziplinen hervorragend abschneidet. Daher haben wir die Präsidentin, Prof. Dr. Gabriele Gillessen-Kaesbach, und den Mathematikprofessor, Prof. Dr. Jürgen Prestin, nach dem Erfolgsrezept der Universität gefragt.
Glückwunsch zur Auszeichnung! Haben Sie damit gerechnet?
Prof. Gabriele Gillessen-Kaesbach: Wir hatten uns gute Ergebnisse erhofft, da die Lehre im Zentrum unserer Anstrengungen steht, was sich ja auch regelmäßig in guten Rankingergebnissen widerspiegelt. Wir haben eine zentrale Einrichtung für Personal- und Lehrentwicklung, an der ganz gezielt unterstützende Angebote und Impulse an unsere Lehrenden adressiert werden und sehr regen Zulauf hat. Aber natürlich gibt es im Laufe der Zeit immer wieder Veränderungen in den Rahmenbedingungen und der Art, wie unterrichtet wird, und so freut es uns sehr, dass es den Beteiligten gelungen ist, diese förderlich zu gestalten.
Was machen Sie anders als andere Hochschulen?
Prof. Gabriele Gillessen-Kaesbach: Die Universität zu Lübeck hat genau die richtige Größe, um eine Vielfalt an Möglichkeiten zur Mitgestaltung anzubieten und gleichzeitig das persönliche Miteinander zu fördern. Es gibt zahlreiche Arbeitsgruppen, in denen sich statusgruppenübergreifend Studierende, Wissenschaftler:innen und Verwaltungsmitarbeitende für gemeinsame Anliegen engagieren, zum Beispiel für Diversität, Gleichstellung und Nachhaltigkeit. Auch die starke Verflechtung unserer Disziplinen – MINT, Medizin und Gesundheitswissenschaften – prägt uns. Speziell für Studierende gibt es verschiedenste Unterstützungsangebote, zum Beispiel Pat:innen und Mentor:innen. Besonders hervorheben möchte ich das Propädeutikum – ein ein- bis zweisemestriges Programm zur Studienorientierung und -vorbereitung und unsere sogenannte „LUST-Studie“ – ein umfassendes Forschungsprojekt zugunsten der Studierendengesundheit.
Prof. Jürgen Prestin: Da wir eine relativ kleine Hochschule sind, können wir unsere Studierenden sehr persönlich und gut betreuen. Auch die Uni-Leitung kümmert sich sehr um die Administration der einzelnen Studiengänge. Dies weiß ich besonders zu schätzen, da ich mit „Mathematik in Medizin und Lebenswissenschaften“ einen sehr interdisziplinär ausgerichteten Studiengang leite, dessen Organisation verschiedene Bereiche der Universität involviert.
Lübeck als Großstadt bietet einiges, was zieht Studierende in die Hansestadt?
Prof. Gabriele Gillessen-Kaesbach: Lübeck hat eine wunderschöne historische Altstadt, liegt nah an der Ostsee und hat eine Größe, in der man auch ohne Auto gut mobil ist. Die Stadt ist kulturell sehr gut aufgestellt. Stadt und Universität sowie auch die Technische Hochschule und die Musikhochschule sind eng miteinander verbunden und pflegen viele Formate sowohl des gedanklichen Austauschs als auch Kooperationen mit Wirtschaftsunternehmen. Wir haben mit Unterstützung der Possehl-Stiftung auch ein Wissenstransfer-Projekt namens Lübeck Hoch 3 geschaffen, das uns als Wissenschaftler:innen ins Gespräch bringt mit der Stadtgesellschaft. Dies kommt auch unseren Studierenden zugute.
Der Studiengang Mathematik hat für die allgemeine Studiensituation 4,3 Sterne erhalten, Sie machen wohl einiges richtig. Welche neuen Entwicklungen oder Trends sehen Sie in Ihrem Fachbereich?
Prof. Jürgen Prestin: Die 4,3 Sterne für sehr gute Studiensituation haben wir insbesondere auch für eine intensive Betreuung in der Studieneingangsphase bekommen. Die Studierenden loben unseren zweiwöchigen Mathematik-Vorkurs direkt vor Studienbeginn, eine Vorwoche mit vielen spannenden Veranstaltungen sowie die gute Betreuung in den ersten beiden Semestern oder Helpdesks für die wichtigsten Grundvorlesungen. Auf Wunsch der Studierenden haben wir eine Veranstaltung „Numerik der Bildverarbeitung“ konzipiert und in das Curriculum des Bachelor-Studiums aufgenommen. Nicht unerwähnt bleiben soll der Bezug zu Künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen, der neuerdings in immer mehr Lehrveranstaltungen Einzug hält. Im gesamten Bereich „Data Science“ legen wir ausführliche Grundlagen.
Besonders hervorgehoben seien auch die vielen Online-Angebote, die unsere Vorlesungen ergänzen. Viele Dozierende haben hier sehr attraktive und neue Lehrmethoden entwickelt. Von den in der Pandemie gewonnenen Erfahrungen profitiert dann auch die jetzige Studierendengeneration. Wir sind zwar ein Präsenzstudiengang, viele Angebote lassen sich aber auch von zu Hause abrufen.
Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um die Lehre ansprechend und praxisnah zu gestalten?
Prof. Gabriele Gillessen-Kaesbach: In allen Studiengängen wird Wert auf praktische Anwendungen, Praktika und Projekte gelegt. In Medizin und Gesundheitswissenschaften bietet das Universitätsklinikum, welches direkt auf dem Campus liegt, ein ideales Umfeld. In den naturwissenschaftlichen und technischen Fächern gibt es Kooperationen mit vielen größeren Firmen als auch kleinen Start-ups.
Prof. Jürgen Prestin: Unsere Lehre ist sehr interdisziplinär. Die mathematischen Themen der Abschlussarbeiten haben meist einen sehr angewandten Hintergrund. Zum Bachelor-Studium gehört ein „Interdisziplinäres Seminar“, in dem solche Themen behandelt werden. Im Master-Studium lässt sich ein Praktikum in das eigene Curriculum integrieren. Viele Masterarbeiten entstehen dann auch direkt in Forschungs- und Entwicklungsabteilungen von Firmen. Unsere fertigen Absolventen sind dann auf dem Arbeitsmarkt so gefragt, dass nicht wir Kontakte mit Firmen aufnehmen müssen, sondern dass eher die Firmen auf uns zukommen und für sich zum Beispiel auf speziellen Karrieretagen werben.
Das Ranking war nicht nur in Mathematik gut, sondern auch in anderen Disziplinen, jedoch gibt es immer die Möglichkeit zur Verbesserung. Was sind Ihre zukünftigen Pläne, um die Position der Universität im Ranking weiter zu steigern?
Prof. Gabriele Gillessen Kaesbach: Zur Bibliothek und den Auslandsaufenthalten wurde in der Vergangenheit wiederholt Verbesserungsbedarf vermerkt. Die Bibliothek konnte Ende letzten Jahres nach einer langen Modernisierungsphase wiedereröffnet werden. In diesem Punkt haben wir nun eine ganz deutliche Steigerung erzielt und nicht nur die Fassade erneuert, sondern auch vielseitige zeitgemäße Arbeitsplätze für Studierende geschaffen. Der Internationalisierung möchten wir uns nun als nächstes verstärkt widmen.
Wie unterstützt die Universität Lübeck die persönliche und berufliche Entwicklung ihrer Studierenden?
Prof. Gillessen-Kaesbach: Wir nehmen unsere Studierenden sehr ernst und beteiligen sie über Gremien, Runde Tische, Umfragen und Veranstaltungen an vielen Entwicklungs- und Changeprozessen. Das „Zukunftsforum Klimafreundliche Hochschulen“ beispielsweise, mit dem wir uns auf dem Weg zur Nachhaltigkeitstransformation gemacht haben, basiert vor allem auf Studierendenempowerment. Dazu kommt unser Schwerpunkt Studierendengesundheit, mit dem Ziel, gesunderhaltender Studienbedingungen und Resilienzförderung bis ins Berufsleben hinein.
Prof. Jürgen Prestin: Fast alle Studierenden nutzen gerne die Möglichkeit, als studentische Hilfskraft an der Universität tätig zu werden. Als Tutor:in in Lehrveranstaltungen kann man selber vielfältige Erfahrungen sammeln und eigene Kompetenzen erwerben. Wir unterstützen dies durch intensive Begleitung dieser Lehre und didaktische Tutor:innenschulungen. Auch unser Mathematik-Vorkurs lebt von der Mithilfe unserer Studierenden. Mit eingeworbenen Drittmitteln beteiligen wir uns mit der „Lübecker Initiative Mathematik“ an der Schülerakademie der Universität. Auch hier sind eine Reihe unserer Studierenden in Mathe-AGs mit großer Begeisterung an der mathematischen Schülerförderung beteiligt. In Einzelfällen streben solche Studierende dann auch einen Einstieg in das Lehramt an.
Univ. Prof. Dr. med. Gabriele Gillessen-Kaesbach ist Professorin für Humangenetik und Präsidentin der Universität zu Lübeck. Seit 2006 leitet sie das Institut für Humangenetik an der Universität zu Lübeck. Von 2010 bis 2013 war sie als Vizepräsidentin für Forschung tätig und seit 2018 ist sie Präsidentin der Universität zu Lübeck. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen seltene genetische Erkrankungen und klinische Genetik
Prof. Dr. Jürgen Prestin ist Professor für Mathematik an der Universität zu Lübeck. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Angewandten Analysis, Fourier-Analyse, Approximationstheorie (Interpolation, Polynome, Funktionalräume) sowie Wavelets und Zeit-Frequenz-Analyse. Neben seiner akademischen Tätigkeit engagiert er sich stark in der Förderung mathematischer Talente. Mitunter ist er Beisitzer im Vorstand der Mathematik-Olympiade e.V. seit 2023.
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