Die Bücher sind bunt, wirken verspielt. Ihr Inhalt indes gibt insbesondere Erwachsenen zu denken. Da wäre der Werwolf, der lieber ein Wiewolf wäre, woanders herrscht der Jugendwahn. Dort treffen Biber und kristallene Skorpione aufeinander und einer überlebt es nicht und hier treffen wir einen Fuchs, der nie in die Rentenkasse eingezahlt hat, aber eben doch alt geworden ist – die Bewohner Zamoniens offenbaren nicht nur Identitätskrisen, sondern auch harte gesellschaftliche Strukturen, die Sinnhaftigkeit von sozialen Zusammenhalt oder das vermeintliche Vorrecht der Stärkeren. Und die Moral von der Geschicht‘? Die verrät der Meister nicht. Wie üblich.
Humor ist, wenn man trotzdem lacht?
… oder sollte manches lieber ungesagt bleiben? Harmlos wirken die Geschichten trotz süßer grafischer Aufmachung kaum – was es für das Buch braucht, ist eine gewissen Bereitschaft, sich zu amüsieren, sagt Moers im schriftlichen Interview mit uns. Jetzt ist Humor allerdings immer ein mehrschneidiges Schwert, sodass wir folgende Information sofort an die Hand geben wollen: Kaum politische Korrektheit, sehr zynisch, zutiefst sarkastisch nimmt Moers unsere Gesellschaft aufs Korn und verschafft seinen Pointen mit den Kurzgeschichten sehr prägnantes Gehör.
Die harte Seite Zamoniens
Jede Geschichte ist ein Puzzlesteinchen, das man dreht und wendet, um zu kucken, wie es in das Zamonien passt, das man bspw. von den 13 1/2 Leben des Käpt’n Blaubär kennt. Fantastisch sind die vorkommenden Gestalten allemal und es ist ein Vergnügen, sich die Namensvergabe vorzustellen. Ein gewisses Level an vergnüglicher Beklopptheit muss geherrscht haben. In dieser Sammlung sind es aber schon die erwähnten ernsten Themen, die sich in den Vordergrund des kunterbunten Zamoniens drängeln. Die haben ein solches Kaliber, dass man die einzelnen Geschichten nicht in einem Rutsch lesen sollte, sondern das Lesevergnügen über mehrere Momente erstrecken sollte.
Was bleibt?
Ein Durchatmen, wenn alles vorbei ist und ein trauriger Blick. Zamonien als Eskapismusmodus war im wahrsten Sinne des Wortes fantastisch, doch nun zieht hier harte Realität ein. Vielleicht nicht ganz das, was man sich erwartet hat, aber auch nicht unsere Entscheidung – Zamonien gehört Moers und dies hier hatte er uns zu erzählen. Er, der nie provokant sein wollte, sollte diese Stimme noch stärker mit Ecken und Kanten versehen. Tut gut.
Das Einhörnchen, das rückwärts leben wollte. Walter Moers.
Penguin. 28 Euro.