Achtung, Spoiler-Alarm – hier geht es um Band 2!
Nach Band 1 scheint die Lage zunächst hoffnungslos: Morgan Leah verzehrt sich fast an dem Verrat, den Teel an ihrer Freunschaft begangen hat. Steff’s Tod kann er nicht ohne weiteres verwinden und so lässt er sich zunächst Richtung Culhaven treiben. Dort will er nach den beiden alten Zwerginnen und dem Widerstand sehen, die sich mittlerweile alle in Gefangenschaft befinden. Er schafft es dank eines Unbekannten (Pe Ell), sie zu befreien.
Doch Pe Ell hilft ihm nicht aus Wohltätigkeit – der König vom silbernen Fluss hat durch seine Magie ein wunderhübsches Mädchen (Quickening) mit starker Zauberkraft erschaffen. Ihre Mission: Zusammen mit denen, die der Geist Allanons auf die Reise geschickt hat, aufzusuchen, einzusammeln und einen Talisman von niemand geringerem als Uhl Belk zu „besorgen“. Dazu benötigt sie nicht nur Pe Ell, sondern auch Morgan Leah und Walker Boh. Pe Ell allerdings ist ein Auftragsmörder, dessen Ziel es ist, Quickening zu ermorden. Unterdessen liegt Walker Boh am Grund der Höhle und das Gift der Asphinx frisst sich immer weiter durch seinen Körper. Er schlägt sich den halben Arm ab, um sich eine Chance aufs Überleben zu sichern. Der ehemalige Druide Cogline hilft ihm und schickt ihn durch seine letzte Handlung vor seinem gewaltsamen Tod auf den Pfad, auf dem Quickening und ihre Reisegesellschaft ihn bald finden wird. Gemeinsam macht sich die ungleiche Gruppe auf den Weg, eine scheinbar unmögliche Mission in der versteinerten Stadt Eldwist zu erfüllen – und das, nachdem sie in Band 1 quasi schon komplett versagt hatten …
Die Kritik
Was man vorab wissen sollte – abgesehen davon, dass es einen Band 2 gibt – ist, dass Terry Brooks einen sehr getragenen Erzählstil hat. Er führt Beschreibungen, Gedankengänge und emotionale Reaktionen sehr weitläufig aus. Dafür muss man die richtige Stimmung haben, sonst könnte es bisweilen sehe zäh wirken. Allerdings sagte mir erst kürzlich ein befreundeter Autor, dass „flüssig zu lesen“ eher ein Anspruch sei, den er an den Aufsatz eines Drittklässlers stellen würde.
Auch, wer Band 1 schon vor einer Weile gelesen hat, kommt sehr schnell in den bisherigen Erzählstrang hinein. Mit seinen Vier Landen hat Brooks eine Welt geschaffen, in der man sich als Leser ziemlich wohl fehlt abgesehen von den Dämonen natürlich. Die Ohmsford-Familie tritt im Vergleich zu Band 1 inhaltlich etwas in den Hintergrund, dafür kommen mit Pe Ell und Quickening zwei neue Charaktere aufs Spielbrett, die die Handlung gehörig durcheinander bringen. Der inhaltliche Nebel rund um die Tochter des Königs vom Silbernen Fluss liegt über der gesamten Geschichte. Fantasy-Vielleser werden bereits die eine oder andere Theorie zu ihr entwickeln, die sicherlich zum Teil auch eintreffen.
Rund um Pe Ell entsteht ein durch und durch dunkler Charakter, der trotzdem zum großen Plan gehört – ein sehr willkommener Perspektivenwechsel, der Tiefe und Spannung in die Handlung bringt. Der Leser weiß zu 100 Prozent, dass er einer der Bösen ist und doch dient er dem Guten. Darin verbirgt sich ein massiver innerer Konflikt, der am Ende ordentlich aufbereitet wird!
Ganz zum Schluss umgeht Terry Brooks außerdem noch einige Fettnäpfchen und gibt der Geschichte einen neuen Drall für Band 3. Sehr positiv fällt unter anderem auf, dass nun final mit den Druiden abgerechnet wird. Allanon wurde in den vorherigen Bänden bisweilen immer stärker kritisiert, aber nie offen verurteilt für seine Art – das ändert sich jetzt und ist ein Puzzlestück, das endlich (!) gefunden wird.
Zuletzt sei angemerkt, dass es sich bei diesem Buch – wie bei den übrigen Shannara-Büchern auch – um ein sensationelles Preis-Leistungsverhältnis handelt.
Fazit: Wer weiß, worauf er sich vom Schreibstil des Terry Brooks einlässt, bekommt eine umfassende und komplexe Geschichte, die sich am Lagerfeuer vorgelesen gehört.
Bettina Riedel (academicworld.net)
Die Chroniken von Shannara – Druidengeist. Terry Brooks.
blanvalet. 9,99 Euro.