Ronald Reng, geboren 1970, ist freier Sportreporter und wohnt in Barcelona. Wann immer Ronaldinho und Co. in der Champions League an den Ball treten, kann man Rengs Berichte in der Süddeutschen Zeitung lesen. Außerdem hat er sich in den letzten Jahren als vielversprechender Buchautor („Der Traumhüter“, „Fremdgänger“) hervorgetan.
Was an Ihrer Arbeit hat Sie heute glücklich gemacht?
Ehrlich gesagt, heute war wieder so ein Tag, an dem ich gar nicht mit der Arbeit angefangen habe.
Welche Ziele haben Sie im Leben?
Ein pathetisches: Nie einen Beruf machen zu müssen, nur um Geld zu verdienen. Und ein materialistisches: Einmal eine Zweitwohnung in London besitzen – und eine Drittwohnung in Kiew.
Welchen Beruf haben Sie sich als Kind als den Aufregendsten vorgestellt?
Fußballreporter beim Radio.
Was dachten Sie mit 20 Jahren, was Sie heute tun würden?
Sportreporter bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Wie hat sich für Sie die Welt seitdem verändert?
Ich bin Ausländer geworden. Ich buche Billigflüge im Internet. Die Au-pair-Mädchen in München kommen nun nicht mehr aus Skandinavien, sondern aus der Slowakei. Eintracht Frankfurt ist immer noch nicht Deutscher Meister.
Was hat Ihre Karriere am meisten beschleunigt?
Emotionale Entscheidungen – wie nach London zu ziehen und dann aus London wegzuziehen.
Wie sind „Harte Arbeit“ und „Glück/Zufall“ als Grundlage Ihres Erfolges verteilt?
Der Zufall kommt einem entgegengelaufen, wenn man arbeitet, von daher: 50 zu 50.
Was gibt Ihnen am meisten Kraft bei der Arbeit?
Die Freude am Schreiben.
Welches war der größte Fehler in Ihrem Berufsleben?
Vielleicht nicht mein größter, aber mein liebster Fehler: Einmal interviewte ich einen nordirischen Politiker, der davon sprach, sein Wahlkreis sei „wholey protestant“. Statt von einem „ausschließlich protestantischem Wahlkreis“ schrieb ich, der Politiker sei ja sehr selbstgefällig, zum Beispiel spreche er von „heiligen Protestanten“ in seinem Wahlkreis. Ich hatte „holy protestants“ verstanden.
Was bedeutet es für Sie, zu scheitern?
Zu scheitern? Das ist sehr traurig.
Worauf sind Sie beruflich stolz?
Meistens eine Zeitlang auf meine Bücher – nach einer Weile gefallen sie mir dann überhaupt nicht mehr.
Was hat Ihnen Ihr Studium für Ihren Beruf gebracht?
Mein Studium (Politik und Journalismus) war eher darauf angelegt, dass es mir viel freie Zeit garantierte, nicht, was es mir für den Beruf bringen würde. Trotzdem habe ich einiges Nützliches gelernt, etwa über den Kosovo-Konflikt, aber in meinem Berufsleben spielte der bislang noch keine Rolle.
Woran können Sie verzweifeln?
An meinen tausend Möglichkeiten, mich vor der Arbeit zu drücken.
Wie beurteilen Sie die Hochschulen, an denen Sie studiert haben?
Ich war an der Münchner Ludwig-Maximillians-Universität: Die Feste dort waren ganz in Ordnung, aber die Hochschul-Fußballturniere im Sommer waren wirklich erste Klasse.
Was vermuten Sie, wie werden Ihre Mitarbeiter sie beschreiben, wenn Sie nicht im Raum sind?
Wenn ich nicht im Raum bin, ist niemand im Raum: Ich arbeite alleine. Der einzige, der über mich redet, bin ich selber und gerade hörte ich mich sagen: Wenigstens die Haare solltest du dir waschen und das Altpapier runterbringen, damit du heute irgendetwas getan hast.
Haben Sie Vorbilder und wenn ja, was haben Sie von diesen gelernt?
Vorbilder hatte ich eher als Kind (und das waren hauptsächlich Fußballer von Eintracht Frankfurt), heute gibt es Leute, die ich bewundere, ohne mir noch einzubilden, ich könnte sie erreichen. Bei den Schrifstellern: J.M. Coetzee und Paul Theroux. Unter den Journalisten: Walter Mayer, den Russland-Korrespondenten des Spiegels, und Christian Schüle, Reporter der ZEIT.
Was schätzen Sie an Kollegen?
Qualität, Höflichkeit und: Die Fähigkeit, in ihrer Einfachheit schöne Sätze zu schreiben.
Wie verbinden Sie Karriere und Leben miteinander?
Ich würde es lieber viel mehr trennen können! Weil ich in ein und derselben Wohnung lebe und arbeite, lassen mich die Gedanken über das Geschriebene zu oft nicht los.
Wo würden Sie gerne arbeiten?
In Kiew, in London, in München. Unglücklich bin ich in Barcelona auch nicht.
Wenn Sie gezwungen wären, unseren Lesern einen Rat zu geben, wie würde dieser lauten?
Gott sei Dank zwingt mich dazu niemand.
Vollenden Sie bitte den Satz „Wichtiger als Karriere ist…“
… ein Fachmann in seinem Gebiet zu sein.