In den Ardennen liegt ein einsames, kleines Dorf. Am Rand der Siedlung steht ein altes Kloster, das noch von zwei Handvoll Mönchen bewohnt und bewirtschaftet wird. Es ist der Ort, an dem Guy Béranger zukünftig leben soll, ein verurteilter Mörder und Pädophiler. Die Dorfbewohner kochen vor Wut und Angst, doch an der Entscheidung der Obrigkeit lässt sich nichts rütteln. Eine Polizistin aus Brüssel, Chloé Muller, wird abkommandiert, um seine Ankunft und die ersten Tage zu überwachen.
Doch es kommt, wie es kommen muss – die Leiche eines jungen Mädchens wird gefunden. Die Gemüter kochen über und es gibt nicht wenige, die Guy Béranger direkt lynchen wollen. Die Zeiten für Chloé werden extrem schwierig – hat sie doch mit ihrem eigenen Kindheitsdrama zu kämpfen. Die toughe Polizistin sieht immer wieder Visionen einer Kindheitsfreundin, die scheinbar ebenfalls ermordet wurde. Selbst Guy Béranger kennt ihren Fall und wird keineswegs auf den Versuch verzichten, sie damit zu manipulieren …
Die Kritik
Die Glaubwürdigkeit der Serie ist ein Punkt, die man nicht zu Ernst nehmen sollte. Kleines Beispiel: Wenn ein Kindermörder sich irgendwo niederlässt und ein Kind stirbt, bleibt es in Sachen Belegschaft sicherlich nicht bei 3 Dorfpolizisten plus eine strafversetzte Kollegin. Es könnte außerdem sehr einfach sein, eine kleine Menschenmenge zu umgehend, aber aus dramatischen Zwecken müssen sich die Hauptdarsteller natürlich mittendurch drängeln. Mehr kann aus Spoilergründen nicht genannt werden. Wer auf Details wie diese wenig Wert legt, wird kaum was davon merken.
Das ist allerdings auch die einzige Kritik, die man an der Serie ernsthaft üben kann. Das Setting ist ein elektrisierendes: Ein absolut widerwärtiger Kindermörder steht im Zentrum der Aufmerksamkeit eines super kleinen Dorfes mitten im Wald. Er weiß, dass er ein Monster ist, die Dorfbewohner genauso – und die Zuschauer erst recht. Dennoch muss er vor der Bevölkerung geschützt werden, die in ihrem Hass einem willenlosen Mob gleich kommt, der ganz leicht von außen gesteuert werden kann. Moralisch stellt sich die Frage „loup ou chien“? Wer gehört zu den Wölfen, wer zu den domestizierten Wölfen und wer ist der Wolf im Schafspelz? Gibt es eine moralische Grenze, ab der man berechtigt ist, einen pädophilen Mörder zu töten, auch wenn er bereits 20 Jahre im Gefängnis war? Wie weit geht man als Polizist, um diese Person zu beschützen? Dazu kommt die weibliche Polizistin, die mit dem Drama um ihre verschwundene Schwester zu kämpfen hat und gleichzeitig in der Realität einen kühlen Kopf bewahren muss. Die Nebencharaktere sind genauso erwähnenswert wie beeindruckend: Angelo Bison als der Pädophile legt eine solide Schauspielleistung für eine unfassbar unbeliebte Rolle hin. Jean-Jaques Rausin als Dorfpolizist, die Mönche, die Familien im Dorf – alles fügt sich zu einem Gesamtbild, in dem fast keine Fuge zu erkennen ist.
Die Spannung ist einerseits schwankend, andererseits kontinuierlich hoch. Natürlich ist nichts, wie es auf den ersten Blick scheint – der Mörder ist nicht die naheliegenste Lösung, offensichtlich wird es aber auch nicht. So beginnt man als Zuschauer Stück für Stück damit, hinter die Fassaden der braven Dorfgesellschaft zu blicken. Eine Serie, die sich mit „True Detective“ durchaus messen kann und ins Französische überträgt, ganz ohne Drogen, dafür mit keltischem Waldgott (kein Spoiler!). Klare Thriller-Empfehlung!
Bettina Riedel (academicworld.net)
Public Enemy
10 Episoden
Seit dem 25. August auf BluRay und DVD im Vertrieb von polyband im Handel erhältlich.