Im Zusammenhang mit der Erstellung akademischer Abschlussarbeiten wird zu Recht stets betont, wie wichtig gute Vorbereitung, Arbeitsplanung und Zeiteinteilung für eine gelungene und möglichst stressfreie Erstellung der Arbeit sind. Erstaunlich oft bleibt dabei ein Instrument unerwähnt, das im Vorfeld des Schreibprozesses besonders gute Dienste leisten kann: Das Exposé.
Bei vielen in der Prüfungsvorbereitung stehenden Studierenden ist das Exposé nicht besonders beliebt, weil es eine Anforderung des Dozenten darstellt und als zusätzliche und bisweilen unangenehme Aufgabe empfunden wird. Wir möchten im Folgenden zeigen, dass das Exposé weit mehr ist als eine lästige Pflichtübung. Seine Erstellung sei ausdrücklich auch all jenen empfohlen, die eine Bachelorarbeit vorbereiten, auch wenn es dafür im Gegensatz zu Master- und Doktorarbeiten zumeist nicht verpflichtend ist.
Warum sollte man das Exposé ernst nehmen – unabhängig davon, ob man es erstellen muss oder nicht? Weil es nur vordergründig eine Arbeit „für den Dozenten“ ist, in Wirklichkeit aber vor allem dem Studierenden selbst hilft, und zwar in zweifacher Hinsicht.
Mit dem Exposé zeigt der Studierende dem Dozenten sein Fähigkeit, das geplante wissenschaftliche Vorhaben eigenständig zu durchdenken, zu planen und durchzuführen. Der Prüfer kann frühzeitig erkennen, ob es Probleme mit der Themenstellung oder der Bearbeitung gibt und gegebenenfalls korrigierend eingreifen. Das Exposé „fordert“ also die Stellungnahme bzw. die Kritik des Dozenten und unterstützt den Prüfling dabei, mit dem Dozenten ins fachliche Gespräch zu kommen. Zudem hilft die schriftliche Form, Missverständnisse von vornherein zu vermeiden.
Das Exposé unterstützt aber auch den Studierenden selbst bei der Klärung seiner Gedanken und bei der Zeit- und Arbeitsplanung. Das ist besonders dann von Nutzen, wenn man im Verfassen größerer Arbeiten noch wenig Übung hat. Beispielsweise neigen gerade Bachelorkandidaten dazu, sich zu viel vorzunehmen und die Fragestellung zu sehr auszuweiten. Das Exposé hilft, einen Überblick über den Inhalt des Vorhabens und die dazu notwendigen Arbeitsschritte zu gewinnen und ein Gefühl für die richtige Balance zwischen gewünschter Fragestellung, vorhandenen Quellen, angestrebter Seitenzahl und verfügbarer Zeit zu entwickeln. Dadurch lassen sich böse Überraschungen während der späteren Bearbeitungszeit frühzeitig vermeiden. Das Exposé ist deshalb keine unnötige und zusätzliche Belastung, sondern der Abschluss der Orientierungs- und Planungsphase und der erste methodische Schritt zur Bewältigung der Arbeit selbst.
Ein gelungenes Exposé sollte kurz und prägnant die Zielstellung, Methodik und Aufbau des Themas und der Arbeit skizzieren und Antwort auf folgende Fragen geben:
- Was ist die Problemstellung? Warum wende ich mich ihr zu und warum ist das wissenschaftlich relevant?
- Wie ist der aktuelle Forschungs- und Erkenntnisstand und damit zusammenhängend die Literaturlage?
- Welche Fragestellung leite ich daraus ab und was ist mein Erkenntnisinteresse, welche Forschungslücke will ich schließen?
- Was ist das Ziel der Arbeit, welche Hypothesen untersuche ich, was will ich am Ende herausgefunden haben und warum ist das für die Forschung wichtig? Welche Fragen behandele ich nicht (Eingrenzung der Thematik)?
- Welche Theorie lege ich zugrunde?
- Welche Methodik nutze ich und welche Quellen ziehe ich heran – und warum sind sie die richtigen zur Beantwortung der Forschungsfrage? Handelt es sich demzufolge um eine Arbeit, die aus Literatur und sonstigen Quellen erarbeitet wird, oder um eine empirische Arbeit?
- Wie ist die Arbeit gedanklich aufgebaut, welcher Gliederungsvorschlag leitet sich daraus ab und welchen Arbeitstitel trägt sie?
- Wie ist meine Zeitplanung?
Diese Fragen werden üblicherweise im Rahmen folgender Gliederungspunkte behandelt:
- Zielstellung
- Methodik
- Forschungsstand
- Aufbau der Arbeit
- Vorläufige Gliederung (mit Angabe des Seitumfanges der einzelnen Punkte)
- Vorläufige Literaturliste
Die Ausführlichkeit, in der diese Punkte behandelt werden, hängt nicht zuletzt vom Anspruch und Charakter der geplanten Arbeit ab. Während ein Exposé für eine Bachelorarbeit mit 2-3 Seiten auskommen kann, liegt der durchschnittliche Umfang bei einer Masterarbeit zwischen 2 und 6 Seiten. Ein Exposé für eine Doktorarbeit, das natürlich besondere Anforderungen erfüllen muss, kann bis zu 20 Seiten umfassen.
Trotz sorgfältiger Erstellung wird das Exposé vom Dozenten häufig nicht gleich beim ersten Mal akzeptiert und muss nochmals überarbeitet werden, etwa wenn das Thema für die Art der geplanten Arbeit zu anspruchsvoll bzw. zu leicht ist oder wenn die geschilderte Literaturlage nicht hinreichend recherchiert wurde. In solchen Fällen ist eine „Ehrenrunde“ durchaus sinnvoll und im Sinne des Studierenden, weil die Überarbeitung die eigenen Gedanken klärt und den gedanklichen Leitfaden optimiert.
In selteneren Fällen ist es aber auch notwendig, sich gegen Änderungswünsche zu wehren. Manche Dozenten erwarten bereits ein extrem ausgefeiltes Exposé, so als bestünde der Anspruch an den Prüfling darin, alles schon zu wissen und bereits die letzte inhaltliche und methodische Feinheit der Arbeit beschreiben zu können. Das sollte man möglichst ablehnen, denn es ist ja gerade Aufgabe der anschließenden mehrmonatigen Bearbeitungszeit, sich über diese Punkte klar zu werden und sie dann in der Arbeit selbst präzise und differenziert darzustellen. In diesem Fall gilt es also darauf hinzuweisen, dass das Exposé eher ein grober Fahrplan ist und noch keine detaillierte Streckenbeschreibung.