… müssen sie wiedergeboren werden. Wenn das aber 100 Jahre dauert und die Kinder dann noch eine Weile aufwachsen müssen, kann die Zivilisation um den Propheten-Kult herum (sechs große prophetische Städte, weil 6 Propheten) auch mal richtig zerfallen und die Bewohner samt geistlicher Betreuung sich dem Laster anheim geben. Dann kann es auch passieren, dass sich die Bevölkerung in 2 verfeindete Seiten unterteilt: Die Begnadeten, also Menschen, die mit einer der vier Inneren Gaben geboren werden, einer Art Magie. Auf der anderen Seite die Unbegnadeten, die sich wie die Arbeiterklasse fühlen – und allmählich den Aufstand gegen die magische Überlegenheit proben. Sie nennen sich die Zeugen.
Die eigentliche Handlung in „The Age of Darkness“
Das ist der Hintergrund, vor dem 5 junge Schicksale sich den Irrungen und Wirrungen ihrer Zeit ergeben müssen. Ein Prinz einer gefallenen Stadt (Hassan), die junge Ephyra, die als Blasse Hand zur Mörderin avanciert, um ihre Schwester Beru zu retten, Jude, Anführer des Ordens des Letzten Lichts und Anton, Flüchtling seiner eigenen Vergangenheit. Unter ihnen ist der Letzte Prophet, der nach einer Prophezeiung seiner sechs Vorgänger angeblich wisse, wie man das Zeitalter der Dunkelheit aufhält, das die Zeugen mit sich bringen wollen …
Schwieriger Start
Allein, dass die Inhaltserklärung dieser Besprechung erst einmal einen kulturellen Überblick der Handlung nötig macht, untermalt die Komplexität, die die Leserschaft in diesem Buch erwartet. Es ist auch nicht ganz einfach gemacht, denn wer einfach los liest, wird bis zu 100 Seiten brauchen, um das alles soweit verinnerlicht zu haben, dass man sich nicht ständig bewusst an diese Umstände erinnern muss. Jedoch – wann welche Propheten lebten, was sie so einzigartig gemacht hat und wie sie wirkten, kombiniert mit den jeweiligen Kulten um sie herum, das wird relativ unübersichtlich dargestellt. Anfangs ist man also etwas bemüht, das alles zu verinnerlichen, um nahtlos weiterlesen und die eigentliche Handlung verstehen zu können. Die Welt ist übersichtlich genug, allein der ständige Bezug zur Geschichte macht es recht komplex. Die Charaktere selbst werden schnell und zügig eingeführt sowie positioniert, sodass man ihr Wesen und ihr Wirken sehr schnell nachvollziehen kann.
Praxisbeispiel: Diversität in Fantasy
Völlig entspannt auch die Integration des Diversitäts-Faktors: Ausgerechnet in der regulär Testosteron-geprägten Umgebung der wilden, bulligen Seeleute ist in dieser Geschichte Homosexualität Gang und Gäbe. Es wirkt so essenziell in die Handlung eingebunden, dass es nicht wie ein Verkaufsargument für den Autor wirkt, sondern wie ein authentischer Teil der Geschichte.
Zwei Seiten der Medaille
Sehr gut gelöst ist das Gewese rund um die Prophezeiungen, denn diese lassen sich mehrfach deuten und doch rennen alle Beteiligten wie von der Tarantel gestochen nur in eine Richtung los. Das führt gegen Ende zu überraschenden Wendungen, Komplikationen für unsere Held:innen und macht die kleinen Logiklücken im Ende wieder gut: Das Finale wirkt stellenweise leicht gestrickt, wenn aus einer schweren Eisenkette einhändig am einer Brüstung hängend mal eben ein Flaschenzug gebastelt wird. Das sind aber Kleinigkeiten, die die eigentliche Handlung kaum beeinflussen.
Das Fazit
Als Band 1 einer bisher 3-teiligen Reihe (Nr. 2 erscheint im April 21) ein sehr umfassender Auftakt, der mit einigen überraschenden Wendungen und charmanten Spitzfindigkeiten aufwarten kann. Die Charaktere sind nahbar, echt & natürlich, das macht das Mitfiebern sehr leicht. Für alle Leseratten der Fantasy echt eine Empfehlung für den kalten Corona-Herbst.
The Age of Darkness. Katy Rose Pool.
cbj Verlag. 20 Euro.