Für maschinelle Übersetzung gibt es vielfältige Anwendungsbereiche. Während der Normal-Verbraucher mit den Tücken von Google Translation & Co. kämpft, sind professionelle Übersetzer, wie die Matrix Communications AG schon einen Schritt weiter. Mit-Gründer Christian Taube berichtet von den Herausforderungen der Branche und der speziellen Methodik des Unternehmens.
Welche Fähigkeiten sollte ein guter Informatiker generell besitzen?
Es gibt den bekannten Satz: ‘I choose a lazy person to do a hard job. Because a lazy person will find an easy way to do it.’ Der Satz rückt meines Erachtens eine wesentliche Fähigkeit eines guten Informatikers in den Fokus: Zusammenhänge und Algorithmen zu erkennen und umzusetzen, und zwar so, dass das entstehende Produkt am Ende leicht zu verwenden ist.
Was macht Ihren Markt der maschinengestützten Übersetzung interessant?
Der Markt ist attraktiv, weil er zwei Herausforderungen zu lösen verspricht. Die eine ist die ungeheure Vermehrung von Inhalten im Internet und deren enormer Verbreitungsgrad. Für Unternehmen bedeutet das eine immense Last an Textdaten, die in vielen Sprachen vorgehalten und publiziert werden muss, nicht nur in klassischen Bereichen wie Marketing und Dokumentation, sondern auch zum Beispiel in sozialen Medien. Die andere Herausforderung betrifft Aufwand und Kosten. Die Produktivität eines einzelnen Übersetzers kann mit der Inhaltsexplosion nicht Schritt halten. Es ist unvermeidlich, dass die Industrie Wege finden muss, Inhalte noch kostengünstiger und schneller zu übersetzen.
Worin besteht die besondere Herausforderung beim Machine Translation?
In der Branche ist man sich mehr oder weniger darüber einig, dass Machine Translation (MT) die Zukunft sein wird. Nun arbeiten wir daran, produktive Einsatzwege dafür zu finden. Im akademischen Umfeld gibt es eine ausgesprochen aktive Forschungscommunity, die zwar interessante Ergebnisse erbringt – die wir auch durchaus selbst nutzen – aber an der Umsetzung von Forschungsergebnissen in industriell verwertbare Konzepte hapert es oft.
Was unterscheidet eigentlich die populären Übersetzungsprogramme von Ihren fachspezifischen?
Google oder Bing übersetzen zwar mehr Wörter am Tag als viele Übersetzungsfirmen zusammen in einem Jahr. Gleichzeitig fehlt es den öffentlichen Plattformen aber an der Genauigkeit und an dem entscheidenden ,Wissen’ über die Besonderheiten einer Branche oder eines Unternehmens.
Für allgemeinsprachliche Formulierungen oder wenn die Qualität eine geringe Rolle spielt, sind diese Systeme vielleicht gut. Für unsere Kunden reicht das aber nicht. Sie benötigen einen Output, der genau auf sie passt, der ihre Unternehmenssprache von vornherein berücksichtigt. Ein System, das wir für unsere Kunden aufsetzen, berücksichtigt diese Sachverhalte.
Nach welcher Methodik gehen Sie vor?
Wir arbeiten derzeit überwiegend mit der statistischen Methode, der so genannten SMT, die auch im akademischen Bereich der am besten erforschte Ansatz ist, da man mit ihm relativ schnell Ergebnisse liefern kann. SMT-Systeme ,lernen’ aus Daten – Terminologie, bilingualen Übersetzungs-Datenbanken oder Beispieltexten in den Zielsprachen. Wenn man einen sehr umfangreichen Textkorpus heranzieht, führt die Maschine eine statistische Analyse des Korpus durch und entwickelt ein Modell, das dann vom System verwendet wird, um eine Übersetzung neuer Dokumente zu erzeugen.
Wie gestaltet sich der Alltag eines Übersetzers im Machine Translation-Zeitalter?
Das ist die wichtigste Frage, die wir beantworten müssen. Man kann sich dabei nicht der Illusion hingeben, dass wir beim Übersetzen ohne menschliche Tätigkeit auskommen werden. Gerade das Gegenteil ist der Fall: Im Zeitalter der maschinellen Übersetzung wird das Wissen um die Besonderheiten der Sprache und die Fähigkeit, sich mit ihr auseinanderzusetzen, mit entscheidend sein. Wir verlassen uns nicht auf die technische Seite, die MT, alleine, sondern auch auf die Fähigkeit eines Übersetzers, einen verwendbaren Text zu erzeugen.
Ist ein Informatiker in Ihrem Unternehmen ausschließlich Programmierer?
Nein, die Schnittstellen mit anderen Abteilungen und Kollegen sind viel zu zahlreich, um das zu erlauben. Nehmen wir die wahrscheinlich wichtigste Schnittstelle, das ist die zu Projektmanagern und -koordinatoren. Die Projektmanager haben den Kontakt zu unseren Kunden und kennen die Anforderungen und Wünsche bis ins Detail. Diese Kollegen sind aber in aller Regel nicht als Informatiker ausgebildet. Es gilt nun, ,virtuell’ zu übersetzen: Die oftmals nur implizit formulierten Wünsche der Kunden in eine verständliche Anforderung zu übersetzen, um aus dieser dann einen Algorithmus oder eine funktionale und schöne Web-Oberfläche zu entwickeln. Hierbei müssen Projektmanager und Programmierer in der Lage sein, eng zusammenzuarbeiten.